Kommunal
aktuell "Sind
die Gemeinden die Basis der Ausschnitte
aus der Diskussion des kommunalpolitischen forums
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Es ist schon zu einer guten Tradition des kommunalpolitischen forums geworden, das Jahr mit einer Diskussion zur Gemeindegebietsreform zu beginnen. Um sich über den Stand der Entwicklung der Gemeindegebietsreform im Land Brandenburg auszutauschen, kamen über 100 interessierte Teilnehmerinnen und Teilnehmer nach Potsdam. Innenminister Jörg Schönbohm war ebenfalls der Einladung gefolgt, wie die Vertreter der kommunalen Spitzenverbände vom Landkreistag, Städte- und Gemeindebund und dem jüngst gegründeten Gemeindetag. Nachdem der Innenminister und die Vertreter der kommunalen Spitzenverbände sich zum Stand der Entwicklung der Gemeindegebietsreform aus ihrer Sicht geäußert hatten, schloss sich auch sofort eine angeregte Diskussion an. Es ist an dieser Stelle nicht möglich, auf den Inhalt aller gelieferten Beiträge im Rahmen der Diskussion einzugehen. Vielmehr soll auf bestimmte Schwerpunkte bei der Benennung von Problemen, den aufgezeigten Widersprüchen und einige an den Innenminister gestellte Fragen eingegangen werden. Viele Diskutanten hatten ein großes Problem mit der aufgezeigten Zeitschiene, in der diese Gemeindegebietsreform umgesetzt werden soll bzw. äußerten in diesem Zusammenhang ihre Bedenken hinsichtlich der sogenannten Freiwilligkeitsphase. Was für eine Art von Freiwilligkeit meint der Minister, wenn schon jetzt mit den Zwangsmaßnahmen gedroht wird? Wer definiert den Begriff "öffentliches Wohl", von dem im Artikel 98 der Landesverfassung im Zusammenhang mit gesetzlichen Veränderungen von Gemeindegebieten und Gemeindeverbände die Rede ist? Wie wird das Innenministerium mit Bürgerentscheiden umgehen, die in ihrem Ergebnis nicht "leitlinienkonform" sind? Warum werden Leitlinien über noch geltendes Kommunalrecht gestellt? Diese und viele andere Fragen bemühte sich der Minister noch zu beantworten, ohne dabei auf sichtbare Akzeptanz zu stoßen. Mit einer auszugsweisen Wiedergabe dieser Veranstaltung wollen wir die weitere Diskussion und Auseinandersetzung mit der Gemeindegebietsreform befördern. Dr. Dagmar Enkelmann
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte Sie ganz herzlich zu unserem heutigen kommunalpolitischen Tag hier in Hermannswerder begrüßen. Ich glaube, es ist noch nicht zu spät, Ihnen heute an diesem 20. Januar noch alle guten Wünsche für das neue Jahr mit auf den Weg zu geben, vor allen Dingen alle guten Wünsche natürlich im Interesse der Entwicklung der Gemeinden im Land Brandenburg. Ganz besonders herzlich begrüße ich den Innenminister des Landes Brandenburg. Das ist wirklich keine Ironie, ich meine das wirklich ernst. Ich freue mich sehr, Herr Innenminister, dass Sie heute mit dem kommunalpolitischen forum und den Gästen des kommunalpolitischen forums hier und heute über das Thema Gemeindegebietsreform diskutieren. Ich hoffe, dass wir eine spannende, heiße Diskussion bekommen, und freue mich außerordentlich, dass Sie zumindest anderthalb Stunden Zeit haben, mit uns heute zu reden. Die Beschäftigung mit der Gemeindegebietsreform, hat ja schon gute Tradition im kommunalpolitischen forum. Wir haben u. a. das vergangene Jahr begonnen mit dem Thema. Wir haben unmittelbar nach der Herausgabe der Leitlinien noch im Juli eine Diskussionsrunde im kommunalpolitischen forum durchgeführt. Und ich denke, es ist an der Zeit, heute also im Januar 2001 so ein kleines Stück Zwischenbilanz zu ziehen, nachzufragen, wie geht man nun in den Gemeinden, in den Gemeindevertretungen, in den Amtsausschüssen mit dem Thema um, wie ist die Resonanz? Auch mit dem, was inzwischen vom Innenministerium an Gesetzen vorgelegt worden ist. Ich denke, es ist wichtig, dieses Thema tatsächlich auch in der breiten Öffentlichkeit zu diskutieren. Zu unserer heutigen Veranstaltung möchte ich besonders begrüßen auch die Vertreter der Spitzenverbände: Herrn Dr. Humpert vom Landkreistag, Herrn Böttcher vom Städte- und Gemeindebund und Herrn Dr. Kuhl vom Gemeindetag Brandenburg. Vorn im Podium haben Platz genommen: neben dem Minister Frau Barbara Klembt, sie ist Amtsdirektorin im Amt Wiesenburg und Mitglied des Präsidiums des Städte- und Gemeindebundes sowie Mitglied des Vorstandes des kommunalpolitischen forums. Sie wird dankenswerterweise die Moderation heute übernehmen, weiterhin begrüßen wir Herrn Stefan Sarrach, er ist kommunalpolitischer Sprecher der PDS-Fraktion im Landtag Brandenburg. Dieser Tage fiel mir ein Kalenderblatt in die Hände mit einem Ausspruch des Bundespräsidenten, Herrn Rau. Auf dem steht: "Die Gemeinde ist der Ernstfall der Demokratie." Ich verrate sicher kein Geheimnis, es handelte sich nicht um einen Kalender, der vom Innenministerium herausgegeben worden ist. Und deswegen schon die Frage auch an den Innenminister: Sind für Sie auch die Gemeinden der Ernstfall der Demokratie? Die von Ihnen vorgelegten Leitlinien zur Gemeindegebietsreform lassen da eher befürchten, dass Demokratie ernsthaft Schaden nehmen könnte. Lassen sich die von Ihnen vorgelegten Leitlinien, auch die Gesetze mit den Regelungen des Grundgesetzes und der Landesverfassung des Landes Brandenburg vereinbaren? Ich will nur mal kurz zitieren, das Grundgesetz kennen Sie sicher alle, Art. 28: "Den Gemeinden muss das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln." Oder in der Landesverfassung, da ist es der Art. 97: "Gemeinden und Gemeindeverbände haben das Recht der Selbstverwaltung. Dem Land steht nur die Rechtsaufsicht gegenüber Gemeinden und Gemeindeverbänden zu." Soweit wir es mit der Frage der Freiwilligkeit zu tun haben oder freiwilligen Gemeindezusammenschlüssen, mag es hier durchaus Vereinbarungen geben. Was aber, wenn der Weg von Zwangszusammenschlüssen gegangen wird? Dazu sagt die Landesverfassung etwas im nachfolgenden Art. 98: "Das Gebiet von Gemeinden und Gemeindeverbänden kann aus Gründen des öffentlichen Wohls geändert werden." Wer aber definiert öffentliches Wohl? Was ist öffentliches Wohl? Und wer entscheidet am Ende, was öffentliches Wohl ist? "Die Auflösung von Gemeinden gegen deren Willen bedarf eines Gesetzes." Das ist jetzt vorgelegt. "Vor einer Änderung des Gemeindegebietes muss die Bevölkerung der unmittelbar betroffenen Gebiete gehört werden." Was heißt das, "Hören", die betroffenen Gemeinden, die Bevölkerung der betroffenen Gemeinden hören? Was ist, wenn sich diese Bevölkerung anders entscheidet, z. B. in einem Bürgerentscheid? Wie gehen Sie denn als Innenministerium mit einem solchen Bürgerentscheid, mit einem solchen Votum um? Werden Sie dann möglicherweise gegen einen solchen Bürgerentscheid entscheiden? Ist es so, dass die Karte des Landes Brandenburg längst fertig ist, dass also die Leitlinien 1 : 1 umgesetzt werden sollen? Oder wo ist der Spielraum möglicherweise? Wie soll künftig mit Beschlüssen von Amtsausschüssen oder Gemeindevertretungen umgegangen werden, die es ja inzwischen schon gibt? Die sagen, auf uns treffen die Leitlinien nicht zu, wir meinen, unsere regionale Entwicklung vollzieht sich anders. Unsere Gemeinden haben starke Strukturen. Insbesondere im berlinnahen Raum, aber auch in anderen Ämtern, wird sehr heiß darüber diskutiert, dass man sagt, wir möchten nicht amtsfreie Gemeinde werden, wir möchten unser Amt so erhalten, wir möchten es weiterentwickeln. Wie also wird das Innenministerium damit umgehen, wenn es solche Beschlüsse gibt? Wir haben uns als kommunalpolitisches forum, das möchte ich jetzt auch als letzten Punkt erwähnen, häufig mit Fragen der Entwicklung der kommunalen Selbstverwaltung beschäftigt. Wir haben über Fragen der Finanzausstattung der Kommunen diskutiert. Wir haben über wirtschaftliche Betätigung von Kommunen sehr ausführlich gesprochen. Wir haben darüber gesprochen, dass es notwendig ist, die Funktionalreform weiterzuführen. Wir haben über Kompetenzverteilung der verschiedenen Ebenen hier sehr ausführlich gesprochen. Und wir haben festgestellt, dass bei vielen dieser Fragen Reformbedarf besteht, dass es notwendig ist, über viele dieser Fragen nach 11 Jahren kommunaler Selbstverwaltung auch im Land Brandenburg zu diskutieren und auch über neue Wege nachzudenken. Allerdings sind wir der Auffassung, dass eine Reform, die vordergründig an Strukturen ansetzt, dass dort das Pferd vom Schwanz aufgezäumt wird. Und wir fürchten, dass der Flurschaden, der hiermit angerichtet wird, dass der kaum zu reparieren sein wird. Ich denke, es wird notwendig sein, heute über diese und viele anderen Fragen, die Sie sicherlich bewegen, über diese Fragen hier heute sachlich, nüchtern zu reden, sicher auch in aller Deutlichkeit. Und ich freue mich sehr, dass der Innenminister gesagt hat, er steht für alle Fragen zur Verfügung, und möchte damit auch die Diskussion hier eröffnen. Ich danke Ihnen.
sehr geehrte Frau Enkelmann, meine Damen und Herren, ich bin sehr gern hergekommen. Ich bin deswegen sehr gerne gekommen, weil ich glaube, vielleicht in der Diskussion gemeinsam mit Ihnen herausarbeiten zu können, dass es hier nicht um eine Frage der Parteipolitik geht, es geht nicht um eine Frage der Ideologie, sondern es geht um eine Frage, was ist am besten für Brandenburg. Und wir haben einen Rückstau in diesem Bereich, und wenn in der letzten Legislaturperiode diese Frage diskutiert, aber nicht entschieden wurde, wenn dazu die sogenannte Enquete-Kommission eingesetzt wurde, dann sage ich mal, geben die Sozialdemokraten freimütig zu, der Zweck der Enquete-Kommission war u. a. auch, die Sache in die nächste Legislaturperiode zu retten, weil man dann sagt, jetzt müssen wir aber wirklich entscheiden. Die Sache wird also sehr lange diskutiert. Und ich freue mich, dass ich auch Herrn Landrat Koch hier sehe. Er weiß ja, dass unter den Kreisen der Landräte einige Ihrer Kollegen sagen, die Freiwilligkeitsphase ist viel zu lange, denn wir diskutieren schon viel zu lange, und andere sagen, na ja, sie könnte vielleicht noch etwas länger sein. Das ist die Spannbreite. Die Diskussion umfasst also alle Bereiche, und darum möchte ich noch einmal daran erinnern, wenn ich sage, die Zeit ist reif. Was alles vorher gewesen ist, wissen Sie selber als ehrenamtliche Bürgermeister, als Amtsdirektoren, auch der verschiedenen Modelle. Und Sie, Frau Enkelmann, haben ja die entscheidende Frage gestellt: Wollen wir eine Selbstverwaltung? Und wenn Sie sich mit der Geschichte der Selbstverwaltung, der kommunalen Selbstverwaltung in Brandenburg befassen, dann werden Sie feststellen, dass Sie in den berühmten "Steinhardenbergschen" Reformen sozusagen begonnen wurde und seit dieser Zeit ein Markenzeichen der kommunalen Selbstverfassung geworden ist und über diesen Weg dann später auch den Eingang in unser Grundgesetz gefunden hat in dem berühmten Artikel 28. Zum Artikel 28 mit der Frage der kommunalen Neugliederung gibt es eine Vielzahl von Urteilen des Bundesverfassungsgerichtes zu einzelnen Fragen, auf die ich jetzt nicht eingehen will, weil ich glaube, dies ist keine rechtliche Frage, sondern das ist eine zutiefst politische Frage, die natürlich im Rahmen der rechtlichen Vorgaben des Grundgesetzes gelöst werden muss. Das ist unstrittig. Darum, glaube ich, sollten wir uns vielleicht auf folgendes verständigen: Nach der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts und nach den bisherigen Erfahrungen ist eine Gemeindeneuordnung möglich, und sie muss nach gewissen nachvollziehbaren Grundsätzen erfolgen, und das Thema Gemeinwohl, wie Sie es genannt haben, spielt hierbei eine große Rolle. Und da will ich hier noch einmal in Erinnerung rufen: Wir haben das sogenannte Leitbild (Leit mit "t") für die Gemeindegebietsreform entwickelt nach intensiven Diskussionen mit ehrenamtlichen Bürgermeistern, mit den Amtsdirektoren, den Vorsitzenden der Amtsausschüsse und den Landräten. Und ich muss sagen, ich persönlich habe bei diesen Diskussionen, das waren insgesamt 19 an der Zahl, doch sehr viele Anregungen bekommen, besonders über die Frage, was können wir tun oder was müssen wir tun, um die Identität des Ortes zu erhalten? Die Sorge vieler kreist ja um die Frage, in dem Augenblick, wo der Bürgermeister, die Gemeindeverwaltung nicht mehr in dem Dorf A sitzt, sondern im Dorf B und wir ein Ortsteil werden, dann ist sozusagen die Identität weg. Und das ist ein Punkt, der sich jetzt in dem Gemeindegebietsreformgesetz, was wir jetzt vor einer Woche im Kabinett verabschiedet haben, was jetzt dem Landtag zugeleitet wird, und wir werden ja die erste Lesung kommende Woche Mittwoch im Landtag haben und danach in den Ausschüssen, und dann gibt es die Anhörung. Ich glaube, dass sowohl bei der Ausschussdiskussion wie bei den Anhörungen sehr deutlich wird, dass es im Kern um die Frage geht, wie können wir auf der einen Seite effizienter werden und auf der anderen Seite sozusagen die Identität unserer Dörfer erhalten. Ich möchte Sie daran erinnern, das war in der Diskussion, die ich mit vielen von Ihnen hatte bei den Bürgermeisterkonferenzen, an die Tatsache, dass wir bei der letzten Kommunalwahl in über 100 Dörfern, ich glaube, es waren 148, keinen Bewerber um das Amt des ehrenamtlichen Bürgermeisters hatten, in über 700 Dörfern gab es nur einen Bewerber, und in vielen anderen Bereichen konnten ehrenamtliche Gemeindevertreter nicht gewählt werden, etwa 700 im gesamten Brandenburg, nicht gewählt werden, weil sich einfach keiner zur Verfügung gestellt hat. D. h., das ganze Thema Kommunalverwaltung hängt doch damit zusammen, wie können wir diese Aufgabe auch attraktiver machen und die Mitgestaltungsmöglichkeit vor Ort erhalten? Von daher gesehen das Zitat des Bundespräsidenten, der im übrigen mal Ministerpräsident eines Landes war. Wissen Sie, wie groß da die Gemeinden sind? Ich habe da gewohnt. Da finden Sie keine Gemeinden mehr in der Größe wie bei uns. Da finden Sie keine Gemeinden mehr in der Größe wie bei uns nach der Gemeindereform. Dort sind sehr viel größere Gemeinden. Und das will ich nur mal sagen: Wenn Sie sich in all den anderen westdeutschen Ländern umgucken, oder wenn Sie nach Sachsen gehen, dann werden Sie feststellen, dass man in all den anderen Ländern, einschließlich der gerichtlichen Auseinandersetzung, in all den Dingen sehr viel radikaler war. Und darum glaube ich, das will ich vorweg sagen, dass wir auf der Basis der Diskussionen, die wir geführt haben, wie gesagt mit den verschiedenen Interessenvertretern, mit den ehrenamtlichen Bürgermeistern, mit den Landräten, zu einem Ergebnis gekommen sind, wo wir sagen, das ist auf der einen Seite verwaltungstechnisch vertretbar, das ist die untere Grenze dessen, was verwaltungstechnisch vertretbar ist, und es ist das, was nötig ist, um die sozusagen Identität der Gemeinden zu erhalten. Von daher gesehen, meine Damen und Herren, hat mit der Verabschiedung der Leitlinien, wir haben das dem Parlament vorgestellt, das Parlament hat dieses zur Kenntnis genommen, hat die Diskussion um die Gemeindestrukturreform begonnen, und diese Diskussion entwickelt auch eine zunehmende Dynamik. Die nunmehr landesweit geführte Diskussion um die Neustrukturierung der Gemeinden und Ämter hat jetzt insoweit eine neue Qualität erreicht, als nicht mehr die Frage diskutiert wird, ob es notwendig ist, sondern es wird überwiegend die Frage gestellt, wie können wir es am besten machen oder verweigern wir uns diesem Weg. Überwiegend müssen wir feststellen bei all den Diskussionen, wenn man sagt, ja, wir wollen eine Lösung finden, in der wir uns wiederfinden. Das Ergebnis bleibt abzuwarten und das Ergebnis wird auch sehr stark davon abhängen, wie die Argumente rüberkommen. Und darum möchte ich auch ausdrücklich sagen, ich begrüße es, dass Sie bei Ihrem kommunalpolitischen forum dieses Thema auf die Tagesordnung gesetzt haben, weil es wirklich ein wichtiges Thema ist, was wir auch versuchen sollten, parteiübergreifend zu erörtern. Das Ziel dieser Reform ist die Wiedergewinnung und Erweiterung der Handlungsspielräume gemeindlicher Selbstverwaltung. Gerade Gemeindevertreter und ehrenamtliche Bürgermeister kleiner Gemeinden setzen Selbstverwaltung immer noch mit administrativer Selbständigkeit der Gemeinde in der bisherigen Struktur gleich, und dabei vergessen sie häufig die sehr stark eingeengten Handlungsspielräume unmittelbar vor Ort. Und dabei geht es darum, welche Möglichkeiten wir schaffen können, vor Ort die Handlungsspielräume zu erweitern. Wesentlich ist daher die Ausprägung des Verständnisses, dass es bei weiterhin begrenzten finanziellen Spielräumen darum geht, gemeindliche Selbstverwaltung für die Bürger erlebbar zu machen. Und lassen Sie mich eine Sache sagen, meine Damen und Herren. Die finanziellen Spielräume - ich will das nur mal in Erinnerung rufen, weil das bei der Diskussion sehr oft vergessen wird. Der Landeshaushalt von z. Z. 19,3 Mrd. DM, über die Hälfte des Geldes, was Sie bekommen, ist nicht das, was wir selber einnehmen, sondern es ist das, was wir bekommen im Länderfinanzausgleich, Unterstützung vom Bund oder Unterstützung von der Europäischen Union. Das heißt, die Hälfte des Geldes spielen wir sozusagen selber ein mit Steuereinnahmen. Sie kennen die Diskussion um Solidarpakt 2, um Länderfinanzausgleich in Hessen und Baden-Württemberg, die größten Geber, jede Mark, die sie zusätzlich einnehmen an Steuermitteln, von den behalten sie 15 Pfennig, alles andere geht in den Länderfinanzausgleich. Und diese Länder sagen, wir wollen dieses nicht mehr hinnehmen, weil wir keinen Anreiz dafür haben. Und von daher gesehen, müssen wir uns mit dieser Frage auseinandersetzen. Ich will damit sagen, wie das Ergebnis der Diskussion ist, das weiß ich nicht. Aber eins weiß ich: Wer darauf rechnet, mehr Geld zu haben, der irrt sich. Mehr werden wir auf gar keinen Fall bekommen. Ich vermute mal, nach dem Jahr 2004 werden wir eher weniger bekommen. Und dann werden wir uns die Frage stellen müssen, wie viel Geld geben wir für welche Verwaltung eigentlich aus. Der wiederkehrende formale Verwaltungsaufwand in Ämtern mit sehr vielen Gemeinden erhöht die Kosten und muss dann z. T. über eine erhöhte Amtsumlage aufgebracht werden, und die erhöhte Amtsumlage reduziert wieder den Spielraum der Gemeinden. Dies ist ein Prozess, der Sie ja vor allen Dingen in besonderer Weise beschäftigt. Die Notwendigkeit der Umwandlung von bisherigen Ämtern in amtsfreie Gemeinden im Bereich des engeren Verflechtungsraumes und bei Vorhandensein ausgeprägter Zentralorte ergibt sich aus dem dort insbesondere vorhandenen Erfordernis der Schaffung einheitlicher Aufgabenräume im Zusammenhang mit der Funktion Wohnen, Gewerbe und aus infrastrukturellen Erfordernissen. Bei Vorhandensein ausgeprägter Zentralorte kommt hinzu, dass die Bürger der Umlandgemeinden bei der Wahrnehmung der öffentlichen und privaten Leistungen fast ausschließlich auf diese Zentralorte ausgerichtet sind und dort Leistungen und Einrichtungen vorgehalten werden, ohne dass sich die Umlandgemeinden daran beteiligen. Ein Thema, was wir verschiedentlich schon sowohl mit den Landräten wie mit den Oberbürgermeistern und dem Städte- und Gemeindetag erörtert haben. Die Reform ist auch notwendig im Interesse der Herbeiführung möglichst einheitlicher oder vergleichbarer Lebensbedingungen in allen Teilräumen des Landes. Die mit den Leitlinien vorgegebenen Kriterien müssen daher auch landesweit unter Beachtung der raum- und siedlungsstrukturellen Gegebenheiten umgesetzt werden. Sie haben gefragt, wie groß das Maß der Freiwilligkeit ist oder wie zwingend die Leitlinien sind. Wenn Sie die Leitlinien genau durchlesen, auch vielleicht mit dem Blickwinkel eines Juristen, dann werden Sie feststellen, dass immer Ermessensspielräume sind für die eine oder die andere Lösung. Es sind keine und wenig Ermessensspielräume dafür, dass sich gewisse Dinge verändern müssen. Wenn ein Amt 20 Gemeinden hat oder 22 Gemeinden, das Amt mit den meisten Gemeinden, dann muss ich da etwas Grundlegendes verändern. Das kann man aus den Leitlinien ableiten. Aber ob ein Amt außerhalb des Verflechtungsraumes sich zu einer amtsfreien Gemeinde zusammenschließt oder ob das Amt sich unter den Vorgaben der Anzahl der Gemeinden bildet und weiterentwickelt, da gibt es Ermessensspielräume, die genutzt werden müssen, und ich glaube, dass dieses ein ganz wesentlicher Punkt der Freiwilligkeitsphase ist. Ich will hinzufügen, dass aus Sicht der Landräte und aus Sicht verschiedener anderer man grundsätzlich der Auffassung ist, wir sollten anstreben so viele amtsfreie Gemeinden wie möglich. Und wir haben bei den Diskussionen uns darauf verständigt, dass wir im Verflechtungsraum die amtsfreie Gemeinde haben wollen aus einer Vielzahl von Gründen. Wir können das ja nachher gerne erörtern. Aber in den dünnbesiedelten berlinfernen Regionen wird dieses außerordentlich schwierig sein. Meine Damen und Herren, die Gemeindestrukturreform bedeutet keine Abkehr von der Grundaussage, dass im Land Brandenburg lebendige Dörfer und Städte erhalten werden sollen, mit denen sich die Bürger identifizieren. Bei einer Diskussion, ich weiß nicht, wer von Ihnen teilgenommen hat, hat mir ein Amtsdirektor gesagt, der zugleich Bürgermeister ist, ich hab das schon mal erzählt, ich bin Bürgermeister eines Ortes, eines Dorfes, 750 Jahre alt, wir haben den 30jährigen Krieg überlebt, wir haben die Nazis überlebt, wir haben die Kommunisten überlebt, und Schönbohm werden wir auch überleben. Ich habe dann gesagt, Herr Blanke, ich möchte in 10 Jahren mal wieder in Ihr Dorf kommen und mit Ihnen ein Bier trinken. Ich sage das deswegen, und das meine ich wirklich mit großem Ernst. Ich war kürzlich in - ich weiß nicht, wer es von Ihnen kennt, ein kleines Dorf - Neu-Golm, in der Nähe von Bad Saarow. In der Kirche wurde meine Mutter getauft wurde, sie stammt aus diesem Dorf. Und da hab ich sagt, Mensch, was ist daraus geworden? Sagt der Bürgermeister zu mir, wir Neu-Golmer wollen mit den Alt-Golmern zusammengehen. Wir sind an sich soweit, wir wissen nur noch nicht, wie wir uns nennen. Ich sag, nennt euch doch einfach Golm. Sagt der nein, das geht nicht, denn die sind älter, und die müssen darauf beharren. Solche Dinge spielen eine Rolle. Aber das wichtigste ist doch, dass in dem Dorf das Leben erhalten bleibt, dass dort Aktivitäten sind. Und ich habe mir das angeguckt an verschiedenen Beispielen. Wir haben immer dieses eine Beispiel, das auch im Fernsehen genannt wurde, Kolkwitz. Die Zahl der Vereine und die Zahl der, ich sage mal, ehrenamtlichen Aktivitäten in der neugebildeten Gemeinde Kolkwitz ist mehr als in der Summe der Dörfern, aus denen sich die Gemeinde Kolkwitz heraus zusammengeschlossen hat. Und von daher gesehen glaube ich, mit diesen Befürchtungen muss man sich an ganz konkreten Beispielen auseinandersetzen, sei es in der Gemeinde Nuthe-Urstromtal, Löwenberger Land oder anderen. Um dieses zu erreichen, wollen wir die Mitwirkungsrechte in den Ortsteilen weiter ausgestalten und wollen wahlrechtliche Regelungen im Interesse der Erhöhung der Chancen für die Repräsentanz der Ortsteile in den Gemeindevertretungen flexibilisieren und das Ehrenamt aufwerten. Und ich glaube, Frau Enkelmann, wenn wir dieses dann diskutieren, sowohl im Innenausschuss wie im Landtag, werde ich mich schon freuen, wenn Sie auch möglicherweise - wie ich bisher von Ihnen gehört habe - die Gemeindereform ablehnen, dass Sie aber wenigstens mitmachen, dass Sie sagen, Sie wollen die Ortsteilrechte stärken. Denn das brauchen wir sowieso. Und ich sage Ihnen auch, da gibt es ganz unterschiedliche Auffassungen wiederum. Weil ein Spannungsverhältnis besteht zwischen einer zentralörtlichen Funktion und einer Funktion der Ortsteile. Und da gibt es Bürgermeister, die sagen, es hat sich bewährt. Und da gibt es andere Bürgermeister, die sagen, wir wollen das auf gar keinen Fall. Da gibt es ganz unterschiedliche Positionen, die auch sehr stark zusammenhängen mit den Personen, wie sie miteinander umgehen. Wir haben darum dieses Gemeindereformgesetz im Kabinett verabschiedet und werden dieses jetzt im Landtag erörtern. Die Leitlinien setzen auf freiwillige Neugliederung, für die die Leitlinien die Eckpunkte vorgegeben haben. Vielfach wird diese Vorgabe als eine Abkehr vom Freiwilligkeitsprinzip bezeichnet. Ich kann nur sagen, das ist nicht so, weil es einen Ermessensspielraum gibt und weil es verschiedene Lösungsmöglichkeiten gibt, die vor Ort entschieden werden müssen. Hierbei haben die Landräte eine entscheidende koordinierende Funktion. Ich will jetzt keine Beispiele nennen, wo die eine Lösung, die für eine Summe von Orten sehr positiv ist, aber dazu führt, dass in anderen Bereichen es keine vernünftige Lösung mehr gibt. Dieser Ausgleich muss von den Landräten gesteuert werden und im Ergebnis muss es dann nachher vom Innenministerium entschieden werden oder vom Gesetzgeber. In den Leitlinien
stellen wir auf das Erfordernis der Stärkung der gemeindlichen Selbstverwaltung
ab und präzisieren damit die Gründe des Gemeinwohls, das ist ja das, was
Sie angesprochen haben, die bei allen Gemeindezusammenschlüssen zu beachten
sind. Hier haben wir uns in Auswertung aller Urteile sehr streng an das
gehalten, was sozusagen Rechtssprechung ist und auf diese Art und Weise
zu verhindern, dass es möglicherweise zu Missverständnissen kommt. Die
Leitlinien stehen damit auch nicht zur beliebigen Disposition. Sie sind
von allen Gemeinden und Ämtern bei der Entwicklung konkreter Strukturvorschläge
zu beachten und entfalten gegenüber der Verwaltung sozusagen Bindungswirkung
im Rahmen der notwendigen Genehmigungsverfahren. Gemäß verfassungsrechtlich
gerichtlicher Entscheidung vom Thüringischen Verfassungsgerichtshof ist
die Festlegung von Leitbildern und Leitlinien ein unverzichtbares Erfordernis
bei einer umfassenden Gemeindegebietsreform im Interesse der Schaffung
landesweiter Kriterien an die Neugliederung. Das ist die Funktion der
Leitlinien, und das ist die Grundlage für die weitere Erörterung. Das
weitere Vorgehen zur Umsetzung der Gemeindestrukturreform wird in der
Freiwilligkeitsphase geprägt von weiterer und verstärkter Beratung vor
Ort in den Gemeinden und Ämtern durch Beauftragte des Innenministeriums.
Wir haben 6 Kollegen aus der Kommunalabteilung gebeten, die sozusagen
als Mentoren zur Verfügung stehen für die jeweiligen Amtskreise, für die
Amtsdirektoren und für die Bürgermeister. Wir haben, wie Sie wissen, eine
Art Hotline eingerichtet, wir haben das Internet so eingerichtet, dass
man dort Informationen abrufen kann, um in einen möglichst intensiven
Dialog zu treten und auch um die Beratungstätigkeit entfalten zu können.
Ich selber habe mir vorgenommen, wenn ich so sagen kann, nachdem die erste
Phase dieses Prozesses der Diskussion weitgehend zu einem ersten Zwischenergebnis
gekommen ist, also im April/Mai eine zweite Gesprächsrunde in den jeweiligen
Landkreisen zu führen, um mal festzustellen, wo stehen wir eigentlich.
Z. Z. schätzen wir, dass vielleicht 70, 75 % der notwendigen Zusammenschlüsse
auf freiwilliger Basis geschehen, und danach müssen wir das dann im einzelnen
bewerten. Die Landräte werden also Strukturvorschläge gemeinsam mit den
Ämtern und Gemeinden für jeden Landkreis erarbeiten und diese dann dem
Innenministerium vorschlagen. Wir wollen an den Landtag einen Bericht
geben zur Umsetzung der Reform im IV. Quartal 2001, so wie es in der Landtagsentschließung
ja vorgesehen ist, und ich glaube, auf der Basis dieses Berichts können
wir dann intensiv an der Sache orientiert die Fragen erörtern, die jetzt
vielleicht etwas, ein Teil von diesen Fragen verfrüht sein wird. Im Ergebnis
sollen möglichst freiwillige Lösungen zur Neustrukturierung der Gemeinden
und Ämter erreicht werden. Da ist vollkommen klar, eine Reform ist um
so tragfähiger, je mehr sie auf Freiwilligkeit, Einsicht beruht. Aber
ich muss auch daran denken, dass im Rahmen einer Gleichbehandlung es nicht
dazu führen darf, dass das kleine gallische Dort, das sich bis zum letzten
widersetzt, Recht bekommt, und alle anderen sagen, der hat uns eine Nase
gedreht und durchgesetzt. Dieses Spannungsverhältnis gilt es auszugleichen,
und dieses werden wir dann auch im Landtag erörtern. Herzlichen Dank!
Meine Damen und Herren, Stand der Entwicklung der Gemeindereform. Auch zu diesem Thema wünsche ich Ihnen für den Rest des Jahres alles Gute. Wir werden da noch einiges miteinander auszufechten haben. Da gibt es gar keine Frage. Die Ausgangssituation und die Position des Städte- und Gemeindebundes ist an sich eine ganz klare Sache. Wir sind seit 1991 mit dem Thema befasst. Ich hatte kürzlich mal gesagt, seit 1995, das ist nicht ganz richtig. Herr Innenminister, auch damals waren wir beide noch nicht in dieser Verantwortung, in der wir heute stehen. Aber wenn seinerzeit den Intentionen des Städte- und Gemeindebundes gefolgt worden wäre, hätten wir möglicherweise das Dilemma, was wir jetzt haben, nicht. Denn wir hatten damals schon als Städte- und Gemeindebund vorgeschlagen, eine Gemeindereform durchzuführen, eine Strukturreform, die Einführung der Ämter analog des Modelles Niedersachsen, nämlich das Amt als Gebietskörperschaft, und dann hätten wir das ganze Theater nicht. Dann hätten wir das Theater nicht gehabt, Herr Kuhl weiß, wovon ich rede, Brandschutzgesetz, Klage vor dem Verfassungsgericht, keine Teilnahme am Finanzausgleich etc. pp., was eigentlich die hauptsächlichen Ursachen der strukturellen Verwerfungen sind. Aber wie gesagt, das was gestern war, kann man nur noch mal in Erinnerung rufen, es ändert insofern nichts. Wir haben auch als Städte- und Gemeindebund sehr frühzeitig die Vollzugsprobleme erfasst, jeder Amtsdirektor weiß, wovon ich an der Stelle rede, wo es Verwerfungen gegeben hat, wo es Reibungsverluste gegeben hat zwischen Amt und amtsangehörigen Gemeinden. Und wir haben im Präsidium des Städte- und Gemeindebundes bereits im Dezember 95 eine entsprechende Beschlussfassung gehabt, da hat seitens der Landespolitik noch keiner richtig über die Problematik nachgedacht. Wir haben nämlich seinerzeit schon gesagt, dass es eine Weiterentwicklung, eine Fortentwicklung der Kommunalverfassung geben muss in vielerlei Belangen, aber der Städte- und Gemeindebund hat sich seinerzeit auch dafür ausgesprochen, keine Einheitsgemeinde, keine Regelung von oben, sondern das Ganze solle von unten wachsen, und so hat sich das eigentlich durchgezogen bei der ganzen Geschichte. Wir haben eine Besiedlungsdichte im Land Brandenburg, weshalb ich vergleiche mit Nordrhein-Westfalen für absurd halte, von 88 Einwohnern je km². Herr Innenminister, das müssen Sie zur Kenntnis nehmen, aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, das müssen auch wir zur Kenntnis nehmen. Wir haben eine Besiedlungsdichte nach Mecklenburg-Vorpommern die dünnste in der Bundesrepublik, und dem müssen wir uns stellen. Und die Situation wird ja nicht besser, wenn wir auch das einzige neue Bundesland sind, das eine Bevölkerungszunahme zu verzeichnen hat, aber dass wir diese Situation nicht sozusagen eigenerdient haben, sondern der Bundeshauptstadt letztendlich geschuldet ist, das muss man auch objektiv zur Kenntnis nehmen, und dass die Bevölkerungszunahme im sogenannten "Speckgürtel" oder andere, da gibt's einen neudeutschen Begriff, im "Kraftring" stattfindet, auch das müssen wir zur Kenntnis nehmen und dass im ländlichen Bereich durchweg eine Bevölkerungsentleerung und eine Abwanderung stattfindet, auch das ist die Situation, wie sie sich uns objektiv stellt. Und da können wir drum rum reden, wie wir wollen. (Steht in den Leitlinien drin - Schönbohm) Ja klar, aber wie gesagt, an objektiven Dingen wollen wir uns eben nicht vorbeimogeln. Wir müssen aber auch, Herr Innenminister, zur Kenntnis nehmen, dass wir Ämter haben mit Flächen von über 400 km². Und wer meint, daraus Einheitsgemeinden machen zu wollen, der ist da irgendwo falsch gewickelt. Das kann nicht funktionieren. Und auch die Frage, ob es richtig ist, im engeren Verflechtungsraum, in diesem sogenannten "Kraftring" nur amtsfreie Gemeinden zuzulassen, auch das muss auf den Prüfstand gestellt werden. Denn es gibt Ämter, die liegen in unmittelbarer Potsdam- und Berlinnähe, die unterscheiden sich in nichts von Ämtern im äußeren Entwicklungsraum. Ganz objektiv, so ist es. Andererseits muss ich natürlich auch objektiv konstatieren, dass es amtsfreie Gemeinden gibt, die liegen so dicht aufeinander, da muss man sich die Frage stellen, ob alle 2,3 km ein Rathaus vernünftig ist. Auch das haben wir zu konstatieren. Eines muss man noch mal deutlich sagen, weil es da nun einige gibt, die meinen, sie fühlten sich vom Städte- und Gemeindebund nicht so richtig vertreten. Meine Damen und Herren, wenn der Städte- und Gemeindebund 1996/97 nicht so heftigen Widerstand geleistet hätte, dann hätten wir wahrscheinlich die Einheitsgemeinde per Gesetz schon lange bekommen. Sie können sich an Veranstaltungen mit Innenminister Ziel erinnern, Sie können sich auch an den ehemaligen Leiter der Kommunalaufsicht erinnern, die wirklich dieses zentralistische Modell ganz ernsthaft im Kopfe hatten und möglicherweise auch mit der damaligen Mehrheit im Landtag durchgebracht hätten. Es ist unserer Solidargemeinschaft zu verdanken gewesen mit Unterstützung anderer, das will ich deutlich sagen, dass es dieses nicht gegeben hat, weil - und davon bin ich noch heute überzeugt - Veränderungen notwendig sind, aber nicht nur mit diesem Einheitsmodell. Und insofern haben wir uns natürlich auch sehr intensiv eingebracht in die Enquete-Kommission. Herr Innenminister Schönbohm sagte eben, die Enquete-Kommission ist wahrscheinlich bloß gebildet worden, um das ganze Thema in die nächste Legislaturperiode zu verschieben. Dem kann ich nur 100%ig widersprechen, denn unsere Intention war seinerzeit, wir wollten zur Kommunalwahl 1998 einen klaren Fahrplan haben, auch die Kollegen im Lande haben gesagt, es wäre vernünftig, wenn man zur Kommunalwahl 98 genau gewusst hätte, wo die Reise hingeht. Aber die damalige mehrheitliche im Landtag vertretene SPD hat eine Lösung gescheut. Und das ist an sich bedauerlich, insofern kann ich das gut verstehen, Herr Schönbohm, dass Sie nicht unbedingt so scharf drauf gewesen wären, ausgerechnet dieses Thema unter Ihre Regie nehmen zu müssen, insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die CDU ja vor der Landtagswahl und in der Enquete-Kommission sich völlig anders verhalten hat, das muss man auch zur Kenntnis nehmen. An Fakten können wir uns nicht vorbeimogeln - (Zwischenruf) -. Wir können uns trotzdem an den Fakten nicht vorbeimogeln, ich bin ja gerade dabei, den Weg zu beschreiben, wo und wie wir hingekommen sind, und ich scheue mich ja auch nicht, Herr Schönbohm, zu sagen, dass ich sehr bedauere, dass die SPD seinerzeit den Mut zur Entscheidung nicht gehabt hat, und insofern müssen Sie mir auch zubilligen, dass ich die Position auch der CDU beschreibe, das ist nur recht und billig. Und dann die Auseinandersetzung mit den Leitlinien und dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf, meine Damen und Herren. Das Präsidium unseres Verbandes hat sich unmittelbar, bevor diese Leitlinien ins Kabinett gegangen sind, am 10.07. in einer Sondersitzung mit diesen Leitlinien befasst, damit auseinandergesetzt, eine grundsätzliche Veränderungsnotwendigkeit erkannt, aber auch die Problematik aufgezeigt, die nach unserer Auffassung diese Leitlinien beinhaltet. Und ähnliches ist natürlich zu verzeichnen jetzt bei dem Gesetzentwurf zur Gemeindestrukturreform, der heißt übrigens nicht zur Gemeindegebietsreform, dieser Gesetzentwurf, da muss man Wert drauf legen. Was natürlich bedauerlich ist, dass die Ämter keine tatsächliche Weiterentwicklung erfahren. Und das ist ein Mangel insbesondere nicht nur der Leitlinien, sondern des Gesetzentwurfes. Der Gesetzentwurf, Herr Minister, bleibt nach unserer Auffassung noch hinter den Leitlinien zurück. Wir haben immer dafür plädiert, tatsächlich die Alternativen, die gleichberechtigte Alternative Weiterentwicklung des Amtes, sprich in erster Linie die Wahrnehmung, auch damit die gesetzliche Übertragbarkeit von Selbstverwaltungsaufgaben, und zwar von überörtlichen Selbstverwaltungsaufgaben auf das Amt, und als nächstes Gesichtspunkt vor allen Dingen auch die Teilnahme der Ämter am Finanzausgleich. Das sind zwei der grundsätzlichen strukturellen Forderungen, wo wir, glaube ich, auch in der überwiegenden Mehrzahl der Amtsdirektoren und auch der ehrenamtlichen Bürgermeister durchaus übereinstimmen. Und wenn wir das hinkriegen würden, dann hätten wir tatsächlich eine wirkliche auch Entscheidungsmöglichkeit, eine gleichberechtigte Entscheidungsmöglichkeit, und ich glaube auch, wir hätten dann den Ansatz für eine wirkliche Fortentwicklung. Wir müssen uns natürlich auch über die Frage Stadt-Umland-Problematik unterhalten, meine Damen und Herren. Das Problem der Städte ist gravierend. Und da müssen wir ganz genau hingucken. Die Bevölkerungsabwanderung ist gravierend, die Ursachen will ich jetzt nicht erläutern, aber auch die Frage der Entwicklung von Gemeinden im unmittelbaren Umland. Hier sind kommunalpolitisch Fehler gemacht worden, egoistische Fehler gemacht worden, es sind aber auch landungsplanungsseitig Fehler gemacht worden. Warum hat man diese riesigen Gewerbegebiete unmittelbar vor den Städten zugelassen? Warum hat man noch 1998/99 factory-outlet-Center auf der grünen Wiese genehmigt? Ich frage mich, ob das tatsächlich gewollt sein kann. Die Frage, die sich natürlich auch für uns stellt - Kollege Humpert wird da im Anschluss sicherlich Stellung nehmen -, sind die Landkreise ewig? Der Landkreistag und die Landräte vertreten ja sehr vehement die Forderung Einheitsgemeinden. Aber in dem Moment, wo die Frage auftaucht, ob denn die Landkreise in dem heutigen Zuschnitt, auch hinter dem Hintergrund Bevölkerungsabwanderung, noch den Erfordernissen entsprechen, die wird abgewertet, wird gesagt, wir haben ja erst 1993 die letzte Veränderung, meine Damen und Herren, wir haben sie 1992 gehabt. Ob das eine Begründung ist, das wage ich zu bezweifeln. Ich will es aber nicht vordergründig hier auch auf die Tagesordnung stellen, aber es muss schlichtweg einfach gesagt werden. Und ich sage auch eines, was ich nicht so besonders toll finde, ist zum einen, gewisse fast diktatorische Vorgehensweise, sowohl - so wird mir das jedenfalls berichtet, ich hab das auch schriftlich aus vielen Ämtern, aus vielen Gemeinden - dass das Auftreten mindestens in der Vergangenheit der Mitarbeiter des Innenministerium oftmals sehr, sehr stringent war und natürlich auch die Landräte die Situation nicht ganz unerheblich fördern. Meine Erfahrung, Herr Innenminister, ist die, dort wo sowohl die Landräte als auch die Mitarbeiter des Innenministeriums etwas moderater damit umgehen, dass dort die Motivation der Leute viel größer ist als dort, wo wirklich mit dem Daumen drauf gedrückt wird und wo gesagt wird, so und nicht anders, ansonsten kriegt ihr keine Genehmigung. Und es muss natürlich auch die Frage gestellt werden, Herr Innenminister, und die hätte ich gerne beantwortet, nach den jetzigen Vorstellungen des Innenministeriums, wie viel Ämter sollen denn tatsächlich übrig bleiben, wenn in einzelnen Landkreisen tatsächlich nur noch von 2 Ämtern geredet wird, die im Endeffekt übrig bleiben, dann ist das von vornherein die Beerdigung 1. oder 2. Klasse der Ämter vorprogrammiert. So scheint es jedenfalls momentan zu sein. Und eines muss man natürlich auch noch auf die Tagesordnung setzen. Die Frage der Ortschaftsverfassung wird interessanterweise auch von den Ehrenamtlichen, die Weiterentwicklung, nicht die jetzige Regelung von § 54 Gemeindeordnung, diese Ortschaftsverfassung, wie sie jetzt vorgesehen ist oder Ortsteil, das ist ja jetzt ein bisschen moderiert worden, die wird dazu führen, dass wir bei den übriggebliebenen Ämtern eine Dreistufigkeit haben. Und das kann eigentlich nicht im Sinne des Erfinders sein, dass Ortsvorsteher dann mehr Rechte haben als jetzt ehrenamtliche Bürgermeister. Was soll das? Entweder wollen wir zu Zusammenschlüssen, wollen wir ein gemeinsames Gemeinwesen erreichen, oder aber wir wollen es blockieren. Und diese Blockade ist mit dieser sogenannten Weiterentwicklung, die ich nicht erkennen kann, förmlich vorprogrammiert. Das kann es nicht sein. Und ich sehe auch nicht, dass das irgendwo zu Vereinfachung, zu effizienteren Strukturen führt. Ich sehe es eher umgekehrt, dass das noch mehr Verwirrung stiften wird. Damit will ich es zunächst bewenden lassen, meine Damen und Herren. Wir werden möglicherweise ja in der Diskussion noch Gelegenheit haben. Ich hab noch eine ganze Menge hier auf meinem kleinen Kärtchen zu stehen, aber da können wir ja gerne nachher noch mal drauf eingehen. Jedenfalls eines darf hier noch gesagt werden die Position des Städte- und Gemeindebundes: Totalverweigerung wird genauso wenig zum Erfolg führen wie eine zentralistische Regelung von oben herab. Herzlichen Dank!
Frau Klembt, Frau Enkelmann und Herr Minister, keine Sorge, ich werde jetzt nicht das viele Papier, das ich mitgebracht habe, zum Vortrage bringen. Ich muss Ihnen sagen, als ich Ihre Eingangsworte gehört habe, Frau Enkelmann, war ich ein wenig überrascht, weil das war fast das gleiche Eingangswort, das Sie vor ziemlich genau einem Jahr in einer ähnlichen Veranstaltung des kommunalpolitischen forums begonnen haben. Es hat sich im wesentlichen konzentriert auf die Grundsatzfrage, das Ob der Gemeindegebietsreform. Und ich hab eigentlich den Eindruck gewonnen, dass wir nicht nur im Verlauf des vergangenen Jahres mit der Verabschiedung oder mit der Kenntnisnahme der Leitlinien durch den Landtag, mit der Diskussion des Gesetzentwurfs über die Gemeindegebietsreform schon erhebliche Schritte weiter sind. Ich hatte auch den Eindruck, dass auch die PDS selber mit ihrer Beteiligung an der Enquete-Kommission die Frage des Ob, der Notwendigkeit für eine Gemeindegebietsreform für sich schon beantwortet hat. Nämlich durchaus mit der klaren Aussage, ja. Und ich denke auch, dass man von dem Niveau, von dem Diskussionsniveau nicht mehr herunter kann. Wir müssen jetzt auf der Basis der Leitlinien weiterdiskutieren und vielleicht auch mal schauen, was passiert eigentlich in anderen Bundesländern. Herr Schönbohm hatte eben den Vergleich mit Nordrhein-Westfalen und den dortigen Strukturen. Den möchte ich nicht wiederholen. Ich möchte einen anderen Vergleich Ihnen mal darstellen. Unsere Kollegen in den westdeutschen Ländern, auch die kommunalen Kollegen, sind in der Situation, erhebliche Transferleistungen in den neuen Ländern mitzufinanzieren. Ich hab vor einigen Tagen gesehen beispielsweise die Auflistung aus Rheinland-Pfalz. Dort wird im kommunalen Finanzausgleich in diesem Jahr ein Betrag von 45 Mio. Mark abgezogen, um die Mittel aus dem Fonds deutsche Einheit, der ja noch auszufinanzieren ist, gegenzufinanzieren von dortiger Seite. Und deshalb kann man schon auch aus Sicht unserer Kollegen in anderen Ländern die Erwartung formulieren, dass Strukturen hier tragfähiger, leistungsfähiger gemacht werden. Mit dem Gebietsreformansatz, wie er hier verfolgt wird trotz einzelner Kritik an den Leitlinien, wird hier zumindest ein vernünftiger Ansatz verfolgt, wie man weitergehen kann. Es gibt ja auch andere Länder hier in Ostdeutschland, die den Weg schon beschritten haben, Sachsen ist genannt worden. Sachsen-Anhalt hat eine sehr stringente Diskussion losgetreten, die weit über das hinausgeht, was hier in Brandenburg an Reformansätzen diskutiert wird. Dort wird diskutiert über Einheitsgemeinden, ausdrücklich über Einheitsgemeinden mit mindestens 7.000 Einwohnern. In Mecklen-burg-Vorpommern ist eine Enquete-Kommission eingerichtet worden, die jetzt auch Vorschläge erarbeitet. Auch in Thüringen gehen langsam die Diskussionen los. Es zeigt sich m. E. sehr deutlich, der Reformbedarf ist da, der Handlungsbedarf ist da. Wir müssen uns letztlich nur der Frage stellen, wie setzen wir vernünftigerweise an. Und der Landkreistag Brandenburg, das ist nicht neu, ich will das nur noch mal kurz skizzieren, vertritt hier ganz klar die Auffassung, dass es die vernünftigste Lösung wäre, möglichst flächendeckend amtsfreie Gemeinden hier im Land Brandenburg zu schaffen, die nicht nur die notwendige Leistungskraft mitbringen, sondern insbesondere auch in der Lage sind, und das ist ein ganz wesentlicher Punkt, gebündelte Entscheidungen, gebündelte Strukturentwicklung für das Gemeindegebiet, für das neuentstandene Gemeindegebiet hinzubekommen und damit wirklich auch das wenige Geld, ich hab es eben beschrieben, was auch von unseren kommunalen Kollegen aus den anderen Ländern, aus den anderen Bundesländern, mitfinanziert wird, auch vernünftig und zielgerichtet ausgeben zu können. Auch eine Frage von Bürgernähe und Demokratie ist letztlich damit verbunden, denn Entscheidungen, die ein Bürgermeister zu verantworten hat, die eine Gemeindevertretung zu verantworten hat, sind sehr viel transparenter, nachvollziehbarer für den Bürger, auch viel besser kontrollierbar. Wenn ich sehe, dass auf der Amtsebene der Bürger zu tun hat mit ehrenamtlichen Bürgermeistern, mit der Gemeindevertretung in der amtsangehörigen Gemeinde, er hat zu tun mit dem Amtsausschussvorsitzenden, er hat zu tun mit dem Amtsdirektor und mit dem Amtsauschuss. Der einzelne Bürger kann doch letztlich kaum noch zuordnen in der gegenwärtigen Situation, wo welche Entscheidungen in welcher Weise getroffen werden. Die Entscheidungsstränge sind also durchaus transparenter, klarer in einer amtsfreien Gemeinde. Wir befinden uns jetzt, um zur aktuellen Diskussion zu kommen, in der Umsetzungsphase. Hier ist eben von Herrn Böttcher angesprochen worden die Koordinierungsrolle, die die Landräte einzunehmen haben. Und insoweit haben die Leitlinien eine ganz klare Aussage getroffen: Die Landräte koordinieren die Vorschläge für ein leitbildgerechtes Abbild im jeweiligen Kreisgebiet. D. h. also ganz klar, der einzelne Landrat hat natürlich die Gesamtverantwortung dafür, dass nicht nur ein oder zwei leitbildgerechte Vorschläge formuliert werden, sondern dass für das gesamte Kreisgebiet, von dem einen Ende bis zum anderen Ende, das gesamte Kreisgebiet ein leitbildgerechtes Modell entworfen wird. Und die einzelnen leitbildgerechten Ansätze, die man da verfolgen kann, sind durchaus unterschiedlich. Und der Landrat hat hier die Funktion, alle miteinander kompatibel zu machen, dass nicht irgendwelche Restbestände übrig bleiben, dass man auch insgesamt für das Kreisgebiet kompatibel agieren kann. Ich glaube, das ist eine ganz wichtige Rolle, und ich denke, dass der Versuch, die Rolle der Landräte hier auf die Situation zurückzubringen, sie möchten bitte die Einladung schreiben und Kaffee und Kuchen bereitstellen für die Koordinierungsrunden, dem nicht gerecht wird, was hier tatsächlich an Funktion zu erfüllen ist. Vielleicht noch ein kurzes Wort zum Gesetz über die Gemeindereform, das jetzt in den nächsten Tagen in den Landtag geht. Die Landtagsdrucksache ist - wenn ich richtig sehe - schon raus. Wir haben da insbesondere Probleme mit einer sehr ausufernden Ausgestaltung der Ortsteilverfassung. Vielleicht kann man das gleich im einzelnen noch mal diskutieren. Wir würden uns hier deutlich stringentere Lösungen, die auch sehr stark an die Position des Städte- und Gemeindebundes angelehnt sind, wünschen. Vielen Dank.
Meine sehr geehrten Damen und Herren. Frau Dr. Enkelmann, vielen Dank an das kommunalpolitische forum und Sie für die Einladung. Da wir noch eine sehr junge Vereinigung sind, darf ich mir hier noch mal kurz den Hinweis haben, falls jemand Interesse hat, schauen Sie ins Internet: www.gemeindetag-brandenburg.de, dort finden Sie einige Informationen, nicht nur zum Thema Gemeindegebietsreform. Das Verfahren dieser sogenannten Reform von oben ist so fadenscheinig wie ihr Inhalt. Die sogenannten Regionalkonferenzen des Herrn Innenminister dienten und dienen lediglich - und das wissen alle, die dabei waren und sehen, was hinterher rausgekommen ist - zur Rechtfertigung der Durchsetzung von von vornherein feststehenden Vorgaben. Seit Minister Schönbohm das Innenministerium betreten hat, gelten offenbar nicht mehr die Aussagen seiner politischen Partei, der CDU, sondern hauptsächlich der Wille einer nordrhein-westfälisch geprägten Ministerialbürokratie. Der Minister selbst tritt, so hat es den Anschein, gewollt oder ungewollt, als Erfüllungsgehilfe seiner Beamten auf. Es ist von daher nicht verwunderlich, dass das, was ihm Hunderte von ehrenamtlichen Bürgermeistern aus allen Teilen Brandenburgs gesagt und geschrieben haben, wirkungslos verhallt. Einzelfallerfahrungen werden, wenn es ins gewünschte Bild passt, verallgemeinert, ohne dass die Situation Brandenburgs aus geschichtlicher und gesellschaftspolitischer Sicht nur wenige Jahre nach einem tiefgreifenden gesellschaftlichen Umbruch genügend hinterfragt wird. Wie kann einem auch an Tiefgründigkeit und substanzieller Analyse gelegen sein, wenn man innerhalb weniger Monate zwei völlig konträre Meinungen und das jeweils mit vollster Überzeugung vertritt. Sachlich und logisch betrachtet, hat derjenige mindestens einmal nicht die Wahrheit gesagt. Leider liegt auch bis heute kein unabhängiges, von allen Betroffenen in dieser Reform anerkanntes Gutachten vor, das über oberflächliche und an jeweiligen politischen Zeitgeist orientierte Wunschergebnisse hinausgeht. Das gibt es nicht. Wohl aus Angst vor einer tiefergehenden Analyse der brandenburgischen Verhältnisse wird bei dem Thema Gemeindereform alternierend Gaspedal und Bremse benutzt, beides jeweils völlig überraschend, dann aber immer mit voller Kraft und voller Hast. Aktionismus scheint uns das einzig Beständige in der brandenburgischen Politik zu sein, wenn es um unsere Gemeinden geht. Die erzwungene Vergrößerung der Gemeinden hat sich, was besonders die Entwicklung in Nord-Rhein-Westfalen, aber auch in anderen Bundesländern zeigt, als Fehler erwiesen. An vielen Stellen wird dies auch offen zugegeben. Revisionen allerdings sind schwierig, ja in der Regel unmöglich. Es ist keine Ehe, es hat nichts mit Liebe zu tun, und es gibt auch keine Scheidung. Für die meisten der brandenburgischen Kommunen ist es auch keine Fusion, es ist schlicht und einfach ein erzwungener Anschluss. Auch Fusionen in der Wirtschaft, oft als Beispiel herangeführt, können nicht so ohne weiteres auf die Kommunen übertragen werden. Gemeindliche Selbstverwaltung im Sinne unseres Grundgesetzes, im Sinne des Kerngedankens unserer Verfassung, ist weit mehr. Es darf nicht auf das schnelle Bedienen im Stile einer Supermarktkette reduziert werden. Gemeindliche Selbstverwaltung ist mehr als Effizienz und Maximierung. Die gedankliche Oberflächlichkeit, die ideologisch einseitige Informationspolitik und eine fast erpresserisch auftretende Mitarbeiterschaft des Innenministers sind dabei, in den Gemeinden Brandenburgs ein unsäglich destruktives Klima der Ohnmacht, des Mißtrauend und der Resignation, aber auch des Widerstandes zu schaffen. Sie treffen dabei leider nur zu oft auf egoistische Landräte und manchmal leider auch selbstorientierte Amtsdirektoren, denen das persönliche Wohlergehen wichtiger ist als das Gemeinwohl. Ich möchte an dieser Stelle Prof. Götz-Mehda aus seinem Bericht an die Enquete-Kommission aus dem Jahre 1999 zitieren: "Wenn die Gemeinden keine dem Umfang der ihnen zugewiesenen Aufgaben angemessene Finanzausstattung erhalten, dann treten Leistungsdefizite auf, die nicht durch die Einführung neuer Strukturen zu beheben sind. Eine angemessene Finanzausstattung der Gemeinde kann nicht durch eine willkürliche Gemeindestrukturreform ersetzt werden." Hierzu möchte ich Ihnen eine Zahl nennen. Die Regierung selbst räumt einen Überhang von 8.000 Stellen bei Landesbediensteten ein. Gemessen an der geringen wirtschaftlichen Leistungskraft Brandenburg dürfte der Überhang noch weitaus höher sein. Werden pro Stelle als Summe von Personal- und Sachkosten, Pension, Gebäude, Bürobedarf, Telefon, Fahrzeuge und und und von jährlich 120.000 DM veranschlagt, dann ergeben sich Ausgaben in Höhe von 960 Mio. DM jährlich, nur durch überzähliges Personal. Was sind da die 55 Mio. Mark, die Dr. Humpert anführte im Rahmen des Finanzausgleiches. Dividiert man diese 960 Mio. Mark durch 2,5 Mio. Brandenburger Einwohner und stellt dieses Geld den Kommunen für Investitionen zur Verfügung, entfielen auf jeden Einwohner, vom Säugling bis zum ältesten Bürger, 384 Mark jährlich. D. h., eine Gemeinde mit nur 250 Einwohnern könnte ohne die überzähligen Stellen bei den Landesbediensteten jährlich 96.000 Mark für Investitionen einsetzen, bei 350 Einwohnern 134.500 und eine Gemeinde mit 500 Einwohnern sage und schreibe 192.000 DM. Für unsere Verhältnisse gigantische Spielräume, die die ganze Begründung für die fadenscheinige Reform ad absurdum führt. Wer sich diese Zahlen durch den Kopf gehen lässt und dabei beispielsweise noch an die um 150 bis 250 überzähligen Stellen eines jeden der 14 Landkreise und der kreisfreien Städte denkt, dem wird eines klar: Die Änderungen der Gemarkungsgrenzen und die Abschaffung von mindestens 700 Gemeinden in Brandenburg sind ein Ablenkungsmanöver, das den fehlenden Willen der Landesregierung zu wirklichen Reformen vertuschen soll. Herr Schönbohm, lassen Sie uns über das reden, woran unser Land wirklich krankt und über das, was Sie vor der Wahl versprochen haben: den Abbau komplizierter Gesetze und Verordnungen, über einen gerechten Finanzausgleich und über die Stärkung der ehrenamtlichen Gemeindevertreter und Bürgermeister. Dann haben Sie in uns einen verlässlichen und konstruktiven Partner. Die Widerstände der Bürger gegen verordnete Gemeindezusammenschlüsse sollten ernst genommen und respektiert werden. Es ist unverantwortlich, die bestehende Länderstruktur, die mit enorm viel Mühe und Engagement aufgebaut wurde, die erfolgreich bürgernah und vom Bürger akzeptiert arbeitet, nach nur wenigen Jahren wieder zu zerschlagen. Dies wäre nach so kurzer Zeit ein unglaublicher und in Bezug auf die Rücksichtslosigkeit einmalig negativer Vorgang. Dieses Denkmal sollte sich unsere Koalitionsregierung in Brandenburg nicht setzen. Die Äußerung des innenpolitischen SPD-Sprechers der Landtagsfraktion, Schippel, der - ich zitiere - "von ineffizienten kommunalen Kuschelecken und vom Land durchzuschleppenden Gemeinden" spricht, machen deutlich, dass sich die Landespolitik verrannt hat. Wir fordern Sie auf, die Regierung, Herrn Schönbohm, kehren Sie zu den Brandenburger Tugenden zurück, auch im Angesicht des Preußenjahres 2001. Toleranz und Vielfalt sollten unser Land prägen, nicht Dogmatismus und Rechthaberei. Vor dem Hintergrund des unwürdigen und kampagneartigen Vorgehens zur Abschaffung historisch gewachsener Gemeinden wirkt es vollkommen unglaubwürdig, gerade jetzt die historischen Bindungen zwischen Berlin und Brandenburg zu beschwören. Wenn die Regierenden es mit der Historie unserer Länder ernst meinen, müssen Sie auch die Historie unserer Gemeinden respektieren. Danke.
Meine Damen und Herren, ich heiße Reiner Tietz, komme aus Sommerfeld und bin Mitglied des kommunalpolitischen forums. Ich bin sehr froh, dass ich noch hier rankomme, wo Sie Herr Schönbohm, noch anwesend sind. Wir sind außerordentlich sauer darüber, was sich an der Basis vollzieht bei der Durchführung Ihrer eigenen Leitlinien, und da sind Sie ein bisschen luschig umgegangen, die nicht vom Landtag in irgendeiner Weise bestätigt sind, also kein Gesetz sind. Sie haben vorhin gesagt, dass es Ermessensspielräume gäbe, auch für Ämter und amtsfreie Gemeinden, sich zu entscheiden im inneren Verflechtungsraum. Ich komme aus Kremmen, dort ist sozusagen ein dünner besiedeltes Gebiet. Und wissen Sie, was sich bei uns vollzieht? Durch Ihre Mitarbeiter gibt es keine Möglichkeit, überhaupt darüber zu diskutieren, eine andere Lösung als aus Ihrem Ministerium erdacht durchzuführen. Das setzt sich fort über unseren Landrat, der ja bekanntlich eindeutig für die amtsfreien Gemeinden sich äußert. Und jetzt kommt es: Es wird intern Druck auf die Bürgermeister ausgeübt. Mit finanziellen Drohungen, bestimmte Finanzen nicht zu bekommen, das ist nachweisbar, das ist öffentlich geäußert worden. Kürzlich gab es eine Beratung für unser Amt beim Kreis. Und dort ist eindeutig gesagt worden, dass Bürgerentscheide, die durchgeführt werden, die nicht den Leitlinien entsprechen, überhaupt gar nicht genehmigt werden. Bürgerentscheide auf der Grundlage eines Gesetzes, unserer gültigen Gemeindeordnung, die werden verglichen, ohne dass es einen Beschluss im Parlament gibt, mit den Leitlinien. Herr Schönbohm, ich möchte Sie wirklich fragen: Was soll ich von Ihren Äußerungen über die Ermessensspielräume bei der Durchführung der Leitlinien halten?
Herr Minister, Ihr Vortrag war sehr moderat, das liebe ich so, dass man nicht mit Schaum vor dem Mund diskutiert, sondern sehr sachlich die Meinungen austauscht. Aber ich muss Ihnen sagen, Sie haben mich mit einer Reihe Ihrer Thesen in Widerspruch gebracht zu meinen Erfahrungen. Eine Ihrer Thesen lautete, dass heute eine neue Qualität der Diskussion im Gange ist, dass es nicht mehr darum geht um das Ob, sondern um das Wie entsprechender Leitlinien. So habe ich Sie verstanden. Ich sehe das ganz anders. Ich habe an vielen Veranstaltungen hier im Land Brandenburg teilgenommen, in meinem Kreis, im Bereich des Amtes und lese auch manches darüber. Und Herr Minister, Sie haben doch, ich nehme an, Ihre Worte sind richtig wiedergegeben, nach der Diskussion im Schloss Diedersdorf im Dezember selbst die Feststellung getroffen, dass es beträchtliche Widerstände - damals ging es um den enger Verflechtungsraum - dort beträchtliche Widerstände gibt gegen die These, dort also durchgängig, regelmäßig, wie Sie bei den Leitlinien sagen, Einheitsgemeinden zu bilden. Ich nehme auch an den Beratungen teil, die jetzt stattfinden in den Ämtern, in unserem Landkreis, und muss dort das gleiche feststellen, dass es neben Übereinstimmung zu den Leitlinien, die ich auch habe zu bestimmten Aussagen, es doch beträchtlichen Widerstand zu dieser und anderen Fragen. Ich bitte Sie, den Zeitplan zu überdenken und nicht die Gesetze durchzupeitschen, weil ich meine, das könnte großen Schaden für Brandenburg anrichten. Ich will jetzt nicht über all die Dinge sprechen, wo ich andere Auffassungen habe, Beispiel-weise über das Freiwilligkeitsprinzip, nur so viel, die Vorredner haben das schon gesagt. Wenn ich einen Partner, nämlich die Gemeinden oder Bürgermeister, Gemeindevertretung, Bürger in eine Zwangslage bringe, dann kann ich nicht von einer Freiwilligkeitsphase sprechen. Ich frage Sie, Herr Minister, glauben Sie, dass Sie eine richtige, differenzierte Analyse über die Situation haben? Nun können Sie sagen, gut, was Sie hier dargelegt haben, das musste in einer bestimmten Schnelligkeit, in einer bestimmten Kürze passieren, da kann ich nicht alles sagen, aber ich möchte nur einige Argumente, woraus Sie ableiten Großgemeinden, möchte ich einfach vom berlinnahen Raum widerlegen. Ich kenne kaum einen Ort, wo es Schwierigkeiten gab, die ehrenamtlichen Gemeindevertreter zu finden, das trifft dort nicht zu. Oder keine Bürgermeister zu haben, das trifft dort nicht zu. Oder eine Unmenge kleinere Gemeinden zu haben, das trifft dort nicht zu. Ich hatte schon gesagt, im Amt Wandlitz, 8 Gemeinden, gibt es eine einzige Gemeinde mit unter 500 Einwohnern. Und auch was die Frage der Zentralorte betrifft, da ist gar nicht so eindeutig. Im Amt Wandlitz beispielsweise, da gibt es 3 größere Orte mit 3.000 bis 4.000 Einwohnern. Da gibt es keinen so ausgesprochenen Zentralort, dass sich dort eine Gemeinde herumgruppieren kann, sondern es gibt - ich sag das mal im positiven Sinne - auch einen gewissen Stolz auf das Erreichte in den einzelnen Orten, eine gewisse Rivalität, ich sag's im positiven Sinne, eine gewisse herausstreckende Brust, was haben wir schon erreicht, wir möchten noch mehr erreichen. Da gibt es keinen Drang, sich zu einer Großgemeinde zu vereinigen in diesen größeren Orten. Und ich frage Sie auch, glauben Sie, Herr Minister, dass Sie über diesen beträchtlichen Widerstand einfach hinweggehen können? Ich habe deshalb vorhin bei der eigenen Vorstellung gesagt, seit 1990, weil das immerhin über 10 Jahre sind, und das betrifft einen Großteil der Gemeindevertreter und der Bürgermeister, die diese Erfahrung besitzen. Glauben Sie wirklich, dass Sie über diese Erfahrungen einfach hinweggehen können und meinen, die Leute sind zu inkompetent, die Leute sind befangen und wollen nur ihre Sache. Glauben Sie nicht wirklich, dass dort Erfahrungen dahinterstehen, und ich würde Sie wirklich bitten, also noch mal über die Zeitschiene und über einige Inhalte der Leitlinien nachzudenken. Danke schön.
Der Rahmen der Gemeindegebietsreform ist in vollem Umfang auch durch unsere Gemeindevertretung abgelehnt worden. Unabhängig davon wollen wir als Gemeinde die Gelegenheit aber auch nutzen, zur Reformierung von bestehenden Strukturen innerhalb des Landes Brandenburg, um ganz einfach Fehler, die bei der Ämterbildung 1993 gemacht wurden, zu revidieren. Angegliedert sind wir einem Amt in Richtung Beeskow, und wir haben die Leitlinien insofern studiert und haben aber für unser Problem keine Lösungswege erkennen können. Problem für die Gemeinde Alt-Golm sind aus meiner Sicht zwei. Das erste Problem ist, dass wir einen Gemeindezusammenschluss mit der Gemeinde Neu-Golm suchen, nicht nur mit der Gemeinde Neu-Golm, sondern auch mit der Gemeinde Bad Saarow. Das Problem dabei ist nicht die Ortsbenennung dieser späteren Gemeinde, sondern vielmehr die bestehende Amtsgrenze, die unsere Gemeinden trennt. Und aus den Leitlinien ist für uns erkennbar, dass es einen Zusammenschluss über die Amtsgrenzen hinaus nicht geben wird, weil wenn die Gemeinde Alt-Golm das Amt Glienicke-Rietz-Neuendorf verlässt, hinterlassen wir einen nicht überlebensfähigen Rest. Das Amt Glienicke-Rietz-Neuendorf hat momentan 4.300 Einwohner, die Gemeinde Alt-Golm 500. Deswegen meine Anfrage an den Herrn Innenminister: Welche Lösungen gibt es, um unser Problem aufzufangen, nämlich die bestehende Amtsgrenze überschreiten zu können? Danke schön.
Es fällt mir, ehrlich gesagt, schon schwer, heute wieder über Problemlösungen im Zusammenhang mit der Gemeindegebietsreform zu sprechen, weil wir ja in der Vergangenheit schon recht zahlreiche Begegnungen hatten, auch unter Teilnahme des Innenministers und anderer Vertreter der Landesregierung. Es ist vieles gesagt worden. Es sind viele konstruktive Vorschläge, Gedanken geäußert worden, was im Zusammenhang mit einer Gemeindegebietsreform zu lösen wäre, aber ich muss sagen, all die Dinge, die diskutiert worden sind, haben ja in keiner Weise gefruchtet. Und wenn ich Herrn Minister Schönbohm heute wieder sprechen höre zu seinen Überlegungen bei der Gemeindegebietsreform, dann höre ich in keiner Weise, dass irgendwie kritische und nehme ja an, nicht nur kritische, sondern auch konstruktiv-sachliche Hinweise, die in diesen Gremien ausgesprochen worden sind, einfach aufgenommen worden sind und in den neuen Überlegungen vielleicht zum Ausdruck kommen. Ich will auch heute gar keine weiteren großen Bemerkungen dazu machen. Ich möchte einige konkrete Fragen stellen, die teilweise auch schon in den Ausführungen der Vorredner zum Ausdruck gekommen sind. Erst mal, ich finde es als ungeheuer, als ungehörig, wenn die Emissäre des Innenministeriums in die Länder reinfahren mit fertigen Konzeptionen, die irgendwo am grünen Tisch gemacht worden sind, hinkommen und wir jetzt in den Auftrag genommen werden, dort eventuell sich mit diesen Konzeptionen auseinandersetzen und zu versuchen, die Emissäre zu überzeugen, dass das, was dort gemacht worden ist, nicht richtig ist. Wäre es nicht vernünftiger gewesen, wenn Vertreter der Landesregierung in die Kreise, in die Ämter oder teilweise in die Gemeinden gekommen wären, hätten sich dort mit den Bürgern, mit den Kommunalvertretern beraten und hätten dann, ausgehend von diesen Beratungen, Vorschläge unterbreitet, wie es denn hätte sein können? Nun kommt noch dazu, und das wird in den nächsten Tagen geschehen, gibt es eine neue Runde, und da sitzen wir wieder beim Landrat. Der Landrat, ich brauche hier gar nicht zu sagen, hat natürlich Interesse, die Zahl seiner Gemeinden zu reduzieren, dann ist schon wieder dieses Konzept des Innenministeriums die Vorlage, und dort wird so diskutiert werden. Herr Innenminister, sollte man nicht Ihre Emissäre noch mal beauftragen, zu versuchen das Gespräch zu finden, um die vielen Probleme, die dort stehen, einfach aufzunehmen und dann ein fertiges Konzept zu machen? Zu einem anderen Problem, Herr Böttcher hat es hier teilweise schon angeführt, es geht um die Ämter. Sie sind ja laut Leitlinien vorgesehen, als gleichberechtigt auch neben amtsfreien Gemeinden zu fungieren. Was den Ämtern eigentlich an Aufgaben neu übertragen werden soll, ist mehr als dürftig. Und ich glaube, es ist auch so, dass im wesentlichen Aufgaben an die Ämter übertragen werden, die von unten kommen. Gibt es denn nicht auch Dinge, die von den Kreisen langsam mal versucht werden sollten, auf die Ämter zu übertragen? Ein nächstes Problem wurde genannt, zentralörtliche Gliederung. Herr Steinbach aus Wandlitz hat dazu schon gesprochen. Ich muss mal sagen, dass wir, als wir die Ämter gebildet haben, ja mit vielen subjektiven Dingen zu kämpfen hatten, mit Parteieninteressen, die bei der Bildung der Ämter eine wesentliche Rolle gespielt haben. Warum geht man nicht in Ruhe mal daran und versucht, auch mal zu gucken, sind denn die Ämter, so wie sie heute existieren, eigentlich noch richtig funktionsfähig? Ich kann das nur sagen, wenn die Stadt Biesenthal als Grundzentrum festgeschrieben ist, dann ist das ein Grundzentrum, aber nicht für alle Gemeinden des Amtes, sondern diese Versorgungsleistungen oder Dienstleistungen werden dort von anderen Städten oder Gemeinden übernommen und nicht von der Stadt Biesenthal. Also, ich glaube, das ganze System der zentralörtlichen Gliederung stimmt doch unter den heutigen Bedingungen gar nicht mehr. Das nächste Problem. Ich hatte das in Diedersdorf schon mal angesprochen. Wir haben im Amt Biesenthal 1998 Gemeindezusammenlegung gemacht, ordentlich mit Bürgerentscheid. Die Bürgerentscheide beruhen auf öffentlich-rechtlichen Vereinbarungen. Dort sind Dinge festgeschrieben. In dem Konzept aus der Schublade steht, dass das Amt Biesenthal eine amtsfreie Gemeinde werden soll. Was wird denn nun mit unseren Bürgerentscheiden, mit den Festschreibungen in öffentlich-rechtlichen Verträgen? Haben die denn noch Gültigkeit? Wird das jetzt gekippt? Gehen wir jetzt wieder zu den Bürgern und sagen, so, jetzt müsst ihr wieder eure Autopapiere ändern, ihr müsst wieder eure Adressen ändern, wir brauchen neue Straßenbezeichnungen, es gibt ja leider in jeder Gemeinde eine Dorfstraße. Also viele solche Dinge, die einfach, ich muss das jetzt mal sagen, bei den Schubladenkonzepten nicht berücksichtigt wurden. Das letzte, etwas ganz Schlimmes. Bürgerentscheide. Und hier sind wir ja auch mit dem Präsidium des Städte- und Gemeindebundes in keiner Weise konform, was unseren Arbeitskreis angeht. Es kann doch nicht sein, dass eine solche wesentliche politische Strukturwandlung in Gemeinden ohne Bürgerentscheid über die Runden gehen soll. Also ich glaube, wer das verantwortet, der verstößt auch gegen die Leitlinien, weil ja dort von mehr Demokratie und Bürgerwille gesprochen ist, das muss doch, glaube ich, die wesentlichste Grundlage sein bei einem Gemeindezusammenschluss.
Sehr geehrte Gäste, Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, Amtsdirektorinnen und Amtsdirektoren, sehr geehrter Herr Minister, ich möchte Ihnen ausdrücklich meinen Dank sagen für Ihren Auftritt hier heute, und ich nehme Ihr Angebot, was Sie uns gemacht haben zum Dialog und insbesondere mit der Unterstreichung parteiübergreifenden Dialog im Sinne der Kommunen ernst. Wir werden in der nächsten Woche in der PDS-Fraktion ja gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen mit Ihnen die Möglichkeit haben, zu diesem Thema noch mal zu sprechen. Lassen Sie mich an dieser Stelle nur einige Punkte nennen. Ich denke, und das wissen die meisten hier, aber auch an Herrn Humpert gerichtet, die PDS-Fraktion war nie für die kategorische Bewahrung des Status quo. Wir haben uns nie einer Reformnotwendigkeit verschlossen. Und deshalb ist die Frage nicht, das Ob der Reform, sondern von welchem Punkt aus wir jetzt darüber reden. Ob wir bei dem Festgeschriebenen, was die Regierung apostrophiert, bleiben, oder ob wir möglicherweise ein Stück im Rückwärtsgang fahren. Und zwar in dem Sinne, wie Sie das hier heute selber gesagt haben. Und ich möchte die Mahnung von Herrn Steinbach aufgreifen und sagen, lassen Sie uns wirklich das Thema bremsen. Wir haben die klassische Situation, dass wir nach Gemeindereformen, nach Funktionalreformen nunmehr erneut die politischen Rahmenbedingungen dafür bestimmen müssen, dass Inhalt und Form gemeinsam spielen, dass das stimmt, dass das in Übereinstimmung gebracht wird. Und die Argumente von Strukturschwäche, von fehlender Wirtschafts- und Sozialkraft, von fehlender Finanzkraft sind ja Argumente. Ich komme aus dem Landkreis Märkisch-Oderland, da haben wir Berliner Randgebiet, und da haben wir das Amt Seelow-Land, von dem Sie vorhin sprachen und wo Sie gern noch mal Bier trinken gehen wollen. Das ist ja alles richtig. Nur ich werde doch auch das nicht lösen, indem ich nur formale Lösungen anstrebe. Und deswegen bin ich absolut der Auffassung, dass wir eine Verstärkung kommunalpolitischen Engagements und eine Verstärkung, eine Motivation zu ehrenamtlichem Engagement nicht hinkriegen, indem wir jetzt erst mal als erstes in Massen Bürgerentscheide rückgängig abwickeln. Das kann's nicht sein. Und auch nicht durch eine Entpolitisierung der unteren Verwaltungsebene, sondern im Gegenteil, wie vorhin hier gesagt wurde, durch mehr Kompetenzen, durch tatsächliche Kompetenzen. Und Entscheidungsspielräume, die da sind, die erweitert werden, und in dieser Richtung bin ich absolut Ihrer Auffassung, das soll das Ziel sein, Wiedergewinnung und Erweiterung der kommunalen Handlungsfähigkeit. Das Vergleichsargument mit den westdeutschen Strukturen hinkt ja nicht nur in Weite und Bürger- und Einwohnerdichte, sondern es hinkt vor allen Dingen in Bezug auf die zeitliche Variable. Und deswegen möchte ich hier für mich und ich denke für meine Kolleginnen und Kollegen an Sie, Herr Minister, noch einmal die Bitte richten, dass wir den Weg der Reform über die Konsenssuche begehen, dass wir kleinen Gemeinden eine Chance geben, eine tatsächliche Chance, dass wir uns Zeit nehmen für die Entwicklung von Wirtschafts- und Sozialräumen. Fakt ist doch eins: Mit der Ausprägung, mit der Entwicklung der kommunalpolitischen Struktur in den letzten 10 Jahren sind wir doch hier in Brandenburg de facto erst am Anfang. Und warum sollen wir jetzt plötzlich eine Endlösung festgießen, die noch dazu gegen die Betroffenen und gegen die Beteiligten ist. Lassen Sie uns das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. Danke.
Meine sehr verehrten Damen und Herren. Erlauben Sie mir, dass ich mich jetzt nicht in die einzelnen Argumente vertiefe. Aber lassen Sie mich eins sagen, und ich nehme das auch für mich in Anspruch. Ich bin jemand, der auch erst nach der Wende in die Politik gegangen ist, und ich nehme für mich in Anspruch, dass man besondere Dinge, die von Wichtigkeit sind, vom Grunde her nur mit Argumenten belegen kann und auf der sachlichen Diskussion weiterkommt. Und meine Damen und Herren, ich nehme für mich in Anspruch, dass ich bisher alle Reformen, die wir durchmachen mussten in diesem Lande, jedenfalls in unserem Landkreis versuche habe, sachlich zu führen. Ich habe nicht an einer einzigen Veranstaltung teilgenommen, wo nicht sachlich gesprochen wurde. Ich habe festgestellt, dass gerade durch die Amtsdirektoren, durch die Verwaltung sehr sachliche Argumente eingebracht wurden, aber ich habe auch festgestellt, und ich sage Ihnen ganz offen, ich kann das verstehen, dass Bürgermeister und Abgeordnete emotional diskutieren, und dass man einfach das auch akzeptieren muss. Das ist richtig so, denn es ist in der Tat, ich weiß jetzt nicht, wer es gesagt hat, es ist für uns eine Zeit von 10 Jahren fast eine Überforderung, uns im Grunde in der Not, in der sich in Deutschland die Kommunen befinden, eigentlich unseren Weg zu finden und daraus auch dann rational unsere Wege zu gehen. Und ich bekenne hier auch ganz offen, es liegt auch daran, dass wir teilweise keine eigenen Argumente bekommen bzw. erarbeiten und keine eigenen Lösungsvorschläge erbringen. Deshalb komme ich zu einem zweiten Punkt, wo ich Ihnen sagen möchte, und Herr Böttcher, sie haben mich fast provoziert. Es ist in der Tat so, und auch hier muss ich ganz deutlich sagen, hier werden wir in Potsdam-Mittelmark unseren eigenen Weg beschreiten. Das, was der Minister sagte, dass hier die Aufgabenkritik auf der Tagesordnung ist, die werden wir durchführen. Und was vielleicht der Innenminister nicht weiß, ist folgendes: Wir haben zum Jahreswechsel vom Wissenschaftsministerium ein wissenschaftliches Begleitprojekt genehmigt bekommen für den Landkreis Potsdam-Mittelmark, dass genau die Fragen, die heute oft diskutiert wurden, und zwar die Aufgabenverteilung und wie wird nämlich die Kreisebene mit der direkten kommunalen Ebene in Zukunft zusammenarbeiten. Bei uns heißt das als Arbeitstitel "Integrierte Kommnalverwaltung". Denn, meine Damen und Herren, es macht überhaupt keinen Sinn mehr, darüber nachzudenken, inwieweit wir hier unterschiedliche oder getrennte Strukturen haben. Sondern wir müssen endlich in diese Diskussion gehen mit der grundsätzlichen These, was ist zu entscheiden, und das ist nach § 29 festgelegt. Dort haben wir kommunale Selbstverwaltung. Aber die andere, die entscheidende Frage ist, wie organisieren wir die Verwaltung. Und ich denke, da sind wir sehr schnell beieinander, dass wir sagen, hier müssen entsprechende Strukturen da sein, ansonsten können wir eine dementsprechende Kompetenz gar nicht aufbauen. Und was überhaupt noch nicht heute in dem Raum gesagt wurde, das ist die Aussicht in die Zukunft. Meine Damen und Herren, die Verwaltung ist am höchsten betroffen dadurch, dass uns neue Medien zur Verfügung stehen. Ich gehe damit deshalb eigentlich immer als Wanderprediger durch das Land und sage, zum ersten Mal fährt die Postkutsche mit Lichtgeschwindigkeit. D. h., an dem Ort, an dem Leistung erdacht, erarbeitet und eventuell sogar entschieden wird, ist überhaupt nicht mehr strittig, dass diese Leistung sofort an jeden Ort der Welt transportiert werden kann. Das müssen wir uns als Verwaltung einfach versuchen, auf unsere Fahnen zu schreiben. Das ist das Thema der Zukunft. Das sind die neuen Dienstleistungen. Insofern, meine Damen und Herren, ist meine Bitte in dieser Diskussion, jedenfalls wir in Potsdam-Mittelmark, ich sage Ihnen jetzt auch etwas noch ganz anderes. Ich habe das gestern Abend bei meinem Neujahrsempfang, und Frau Dr. Kersten als Kreistagsabgeordnete, sie wissen das, ich habe gestern Abend gesagt, ich werde meinen Amtskollegen in Brandenburg und Potsdam ein Gesprächsangebot unterbreiten, denn die Diskussion um Eingemeindung, um damit die Finanzprobleme von kreisfreien Städten zu lösen, die ist meiner Meinung nach geradezu wahnwitzig. Da kommen neue Probleme hinzu, und es muss eine völlig neue Lösung geben. Und es gibt Lösungen, meine Damen und Herren. Wir müssen sie nur wollen. Zum Schluss ist aber immer die Frage, und das ist eigentlich meine Botschaft hier heute an ihre Reihen. Zum Schluss muss der Bürger überzeugt werden, dass es für ihn ist, dass es im Endeffekt für ihn besser wird, und zwar sachgerechter, kompetenter, rechtssicherer, und ich sage auch, es ist auch preiswerter zu machen. Wir müssen nur darüber nachdenken, wirklich neue Strukturen zu erdenken. Und meine Damen und Herren, da können wir nichts übernehmen, was westdeutsche Kommunen uns vormachen. Gucken Sie sich die Haushalte an der Kommunen und der Kreise, die sind überhaupt nicht vergleichbar. Sondern wir sind eigentlich in viel größerer Not. Und insofern hat der Innenminister Recht, es ist ein erheblicher Handlungsdruck da. Und meine Botschaft und meine Bitte an sie alle ist, lassen sie uns auf der Basis von Argumenten dieses miteinander machen, denn ich bin ganz sicher, nur so haben wir eine Chance in Brandenburg, wirklich etwas Neues zu machen. Und wir haben die Chance mit Berlin. Und das, was ich mit Potsdam und Brandenburg zu besprechen haben, ist die Frage, wie in Zukunft in einem gemeinsamen Land Berlin-Brandenburg nicht Landkreise oder kreisfreie Städte, die ausgezehrt sind, mit Berlin in Konkurrenz treten, sondern wie man hier vielleicht kritische und große Massen miteinander in Wettstreit gehen lassen kann, denn der Wettstreit der Regionen in Europa hat längst begonnen. Und wenn wir darauf nicht reagieren, werden wir zweite Sieger sein. Das, meine Damen und Herren, möchte meine Botschaft für heute sein, und ich danke Ihnen.
Meine Damen und Herren, ich werde mich bemühen, auf alle Fragen einzugehen. Ich hoffe, dass ich keine vergesse. Ich habe fleißig mitgeschrieben. Ich möchte vorweg sagen. Das Leitbild, wenn Sie sich das angucken, meine ich, nimmt Rücksicht auf die unterschiedlichsten Siedlungsstrukturen in unserem Land. Es sind ganz klare Unterschiede gemacht zwischen dem berlinnahen Raum, Verflechtungsraum, und dem berlinfernen Raum. Es sind Hinweise gegeben auf größere Städte oder Gemeinden, die eine Funktion übernehmen können im Rahmen eines Gemeindezusammenschlusses. Und daraus ergibt sich auf der einen Seite die unterschiedliche Reaktionsmöglichkeit und daraus ergibt sich auch --meine ich - die Flexibilität. Aber trotzdem habe ich auch darauf hingewiesen, nach der Einführung von Frau Dr. Enkelmann, dass natürlich eine Sache wichtig ist. Wir müssen sozusagen auch, um alles, was wir tun, gerichtsfest zu machen, das Gemeinwohl im Zusammenhang mit diesen Leitlinien erklären und definieren und da zu Grundfestlegungen kommen. Und damit möchte ich zu einem anderen Punkt kommen, weil Sie es verschiedentlich angesprochen haben, will ich es vorziehen. Es ist verschiedentlich Kritik geübt worden an den Moderatoren und an diesen ganzen Sachen. Über eine Moderatorin habe ich von dem Landrat eine Aussage gekriegt, die sehr positiv war, von einem Amtsdirektor eine Aussage, die negativ war, und von einem ehrenamtlichen Bürgermeister eine Aussage, die wieder positiv war. Ich sage das deswegen, weil diese Kolleginnen und Kollegen, die diese Aufgabe übertragen bekommen haben, die schwierigste Aufgabe übernommen haben. Sie müssen auf der einen Seite versuchen zu erklären, was wir erreichen wollen, und auf der anderen Seite flexibel sein. Dass da mal Fehler vorkommen, möchte ich nicht ausschließen. Ich habe vor Weihnachten mich mit diesen 6 Kolleginnen und Kollegen zusammengesetzt und habe mir mal vortragen lassen, welche Erfahrungen sie gemacht haben. Die sind ganz unterschiedlich. Und meine Bitte wäre einfach, dass Sie dafür auch Verständnis haben, dass dies eine außerordentlich schwierige Aufgabe ist. Es gibt bei uns im Innenministerium, und das war auch die Frage, die Herr Böttcher hier angesprochen hat, keine Karte, dass ich sagen muss, so und so viel Gemeinden fallen weg, so und so viele Ämter fallen weg, die gibt es nicht. Sondern es gibt Planungen bei den Landkreisen, die ich im einzelnen nicht kenne, ich war ja nur in einem Landkreis im Süden des Landes. Da hat der Landrat mir eine Karte rausgezogen und hat gesagt, so stelle ich mir das vor. Und es gibt andere Landräte, die sagen, wir wollen mal sehen, wie sich dieser Prozess entwickelt. Wir haben unsere Vorstellung, aber wollen wir mal sehen, wie es kommt. Der Sinn dieser ganzen Diskussion ist doch gerade, was Sie selber auch eingeklagt oder eingefordert haben, dass Sie sich in diesem Zusammenhang einbringen können. Ich komme nachher noch einmal auf das Thema Volksbefragung, was Sie ja auch angesprochen haben, zurück. Von daher gesehen gibt es, und gerade in den Bereichen, wo es Ermessensspielraum gibt, gibt es keine Vorfestlegungen. Wir haben in einem Landkreis von einem Amt eine Riesendiskussion, soll es ein Amt bleiben oder amtsfreie Gemeinde. Das kann man so oder so sehen. Und ich habe auch gesagt, die Diskussion muss geführt werden. Der Bürgermeister, einige Bürgermeister, die schreiben hier, machen Sie aus uns zu einer amtsfreien Gemeinde, und andere schreiben, auf gar keinen Fall. Sie müssen zugeben, dass bei diesem Diskussionsprozess es auch unter Ihnen natürlicherweise unterschiedliche Positionen gibt. Und darum haben wir gesagt, wir wollen den Bericht geben im IV. Quartal an den Landtag, auf dieser Basis diskutieren, und danach kommen wir dann zu einer Entscheidung, wie es künftig weitergeht. Bis dahin ist auf der Basis der Leitlinien eine ergebnisoffene Diskussion zu führen. Wenn Sie andere Erfahrungen haben, müssen wir den Dingen nachgehen. Aber ich kann Ihnen nur sagen, diejenigen, die das machen, haben eine schwere Aufgaben. Sie bekommen meine volle Unterstützung, sonst können sie die Aufgabe nicht mehr weiter fortführen, aber ich möchte auch, dass Sie wissen, wir sind in der Diskussionsphase, wo sie das Leitbild versuchen zu übertragen in die Wirklichkeit der jeweiligen Ämter. Ich möchte nur, Herr Kuhl, noch einmal eine Sache aufnehmen, weil Sie das gesagt haben. Also, wenn man redlich ist, kann man dass so nicht tun. Die 8.000 Stellen, die Sie angesprochen haben. Ihnen ist ja vermutlich bekannt, dass die Fruchtbarkeit der Brandenburgerinnen und Brandenburger abgenommen hat. Wir haben eine zurückgehende Schülerzahl. Und aus diesem Grunde sollen viereinhalbtausend Lehrer abgebaut werden, und die anderen werden in der Landesverwaltung abgebaut. Ich werde dazu auch in der Polizei einen Beitrag leisten. Und wir kennen die Diskussion, die darum geht. Was nicht geht, ist, dass wir sagen, sparen, sparen, sparen, aber keiner darf es merken. Das geht nicht. Und wir haben in diesem Jahr eine Nettoneuverschuldung im Lande Brandenburg, weil wir durch den Steuerkompromiss 570 Mio. DM weniger Steuereinnahmen haben, haben wir eine Neuverschuldung von 850 Mio. DM. Und wenn wir einmal die Verschuldung auf 0 führen wollen und nicht auf Kosten unser Nachgeborenen leben wollen, dann müssen wir diesen Weg konsequent gehen. Und darum haben wir uns entschlossen, und hier in diesem Raum habe ich das mit den Gewerkschaften besprochen, genau hier in diesem Raum vor 8 Wochen, dass wir diesen Weg gehen wollen und zwar in allen Bereichen der Landesverwaltung, von 63.000 auf 55.000. Ob wir dann mit der Finanzausstattung, die wir haben, hinkommen, werden wir anschließend sehen. Von daher gesehen, können wir diese 8.000 Stellen nicht einsparen und das Geld, was wir nicht haben, woanders ausgeben. Und dann will ich noch etwas anderes sagen. Und zwar berufe ich mich jetzt auf Unterlagen, die ich von der Gewerkschaft bekommen habe, weil es ja immer heißt, wenn es dann vom Land kommt, ist es... Die Gewerkschaften haben eine Untersuchung in Auftrag gegeben für das kommunalwissenschaftliche Institut in Potsdam. Und in diesem Bericht ist einmal verglichen, Brandenburg und Schleswig-Holstein. Und dort heißt es dann auf der Seite 38, ich fass das mal zusammen, was da steht, danach haben wir kreisfreien Städte Brandenburgs im Vergleich zu Schleswig-Holstein knapp 7 Beschäftigte pro 1.000 Einwohner mehr als Schleswig-Holstein. Da mag es Gründe für geben, ich referiere das nur. Pro 1.000 Einwohner mehr als Schleswig-Holstein, die amtsfreien Gemeinden und Ämter gerade 4 Beschäftigte mehr und die Landkreise nur 0,5 Beschäftigte mehr, schreibt das kommunalwissenschaftliche Institut den Gewerkschaften, um das vielleicht... (Einwurf Böttcher: Herr Minister, Entschuldigung, ich halte das nicht für angemessen, wenn Sie Einzelheiten zitieren, Sie dürfen da bitte nicht vergessen, was dahintersteht: Als Ergebnis ist festzustellen, dass Brandenburger Kommunen nicht überproportional Kosten mit Personal haben. Diese Feststellung ist schlichtweg falsch.) Also, ich habe nur jetzt nicht die Absicht, darüber zu diskutieren. Ich habe nur gesagt die Quelle, das können Sie ja selbst nachlesen. Und der entscheidende Punkt ist, Herr Böttcher, und das müssen Sie mal akzeptieren, dass die Aussage, die ich gemacht habe, ich darf das noch mal wiederholen, damit es wirklich verständlich ist. Demnach haben die kreisfreien Städte Brandenburgs im Vergleich zu Schleswig-Holstein knapp 7 Beschäftigte pro 1.000 Einwohner mehr. Ich habe demnächst ein Gespräch mit den Oberbürgermeistern, die vier Oberbürgermeister der kreisfreien Städte, die mir einen Brief geschrieben. Sie kommen nicht mehr hin, sie brauchen mehr Geld, woher nehmen. Und dann heißt es weiter, die amtsfreien Gemeinden und Ämter, 4 Beschäftige mehr. Der nächste Punkt: Ortschaftsverfassung. Jetzt ist die Frage, wir sagen auf der einen Seite, wir wollen die Identität stärken oder erhalten, und auf der anderen Seite sagen Sie, Sie sind gegen Ortschaftsverfassung. Wir werden eine Anhörung haben. Und da werden wir auch die Frage besprechen, ob es richtig ist, Vorgaben zu machen, wieviel Ehrenamtliche gewählt werden oder nicht. Ich glaube, es ist gut, Vorgaben zu machen wegen der Vergleichbarkeit. Aber das werden wir dann erörtern. Und danach werden Sie dann, Herr Böttcher, dann mal erklären müssen, was Sie eigentlich wollen. Was nicht geht, ist, dass Sie sagen, ich bin gegen die Ortschaftsverfassung, aber ich will mehr Identität. Dann sind wir dann im Gegensatz. Und dieses werden wir dann in einer öffentlichen Anhörung auch diskutieren. Irgendwann werden wir uns entscheiden müssen, was wir eigentlich wollen. Und ich sage noch einmal, ich habe die Aufgabe als Innenminister übernommen, in Kenntnis der Tatsache, dass hier etwas geschehen muss. Und darum lege ich so großen Wert auf die Ortschaftsverfassung. Und ich kann Ihnen nur sagen, einer hat es hier von Ihnen gesagt, bei den ganzen Diskussionen, die wir gehabt haben, gerade auch mit den ehrenamtlichen Bürgermeistern, sowohl in Cottbus wie in Frankfurt/Oder war das ein ganz wesentlicher Teil, was können wir da eigentlich tun? Da sind doch die Grundlagen dafür gelegt worden, dass sie gesagt haben, wenn Orte zusammengeschlossen werden, wollen wir eine Ortschaftsverfassung haben, um auf diese Art und Weise eine Mitwirkung zu erzielen. Das war doch unser Punkt. Und das war doch hervorgegangen aus den Diskussionen mit Ihnen und mit anderen. Herr Steinbach, Sie haben gesagt, nicht Ob wird bezweifelt, sondern das Wie, es wird alles bezweifelt. Mein Urteil ist, was ich gesagt habe, ob es Gespräche mit den Bürgermeistern, ob es Gespräche mit den Moderatoren, das ist offensichtlich in den Bereichen unterschiedlich. Und ich habe vorher in meinem Gespräch hier auch gesagt, darauf hat auch einer Bezug genommen, natürlich gibt es einen Widerstand gegen Veränderungen, zwangsläufig. Das ist das Wesen einer Veränderung, dass es immer einen Widerstand gibt. Die Frage ist, wieviel Widerstand. Das kann ich im Augenblick nicht abschätzen, je ernster die Sache wird, desto mehr wird möglicherweise der Widerstand. Das hängt von verschiedenen Fragen, die ich im Augenblick nicht im einzelnen sehen kann. Und Sie haben gesagt, es gibt einen beträchtlichen Widerstand. Aber, und das stimmt mich auch etwas hoffnungsfroh, es gibt ja auch Bereitschaft, da zu diskutieren, welchen Weg wir gehen im Rahmen der Reform. Und ich werde dieses in den nächsten Tagen mit unseren Moderatoren noch einmal besprechen, um auf diese Art und Weise zu erreichen, dass sie noch mehr dafür werben und auch sagen, wo die Grenzen sind. Jetzt aber noch mal die Zeitschiene, weil Sie gesagt haben, wir sollen mehr Zeit haben. Meine Damen und Herren, ich will nur mal in Erinnerung rufen. Im Jahr 2003 sind die Kommunalwahlen. Entweder haben wir bis zum Jahr 2003 die Reform so beendet, dass in den neuen Kommunen gewählt werden kann, oder sie findet in dieser Legislaturperiode wiederum nicht statt. Darüber muss man sich im Klaren sein. Und daraus ergibt sich die ganze Zeittafel. Wenn man keine Reform will, muss man sagen, das ist zu schnell. Wenn man eine Reform will, und ich halte sie für notwendig, ich habe das erläutert, dann müssen wir in etwa diesen Zeittakt einhalten und dass wir bis zum Sommer 2002 fertig sind, damit 15 Monate vor der nächsten Kommunalwahl klar ist, zu welchen Gebietskörperschaften gewählt wird. Daraus ergibt sich die Schwierigkeit. Und dann muss ich noch etwas sagen zu den Diskussionen vor Ort. Die Diskussionen vor Ort sind z. T. mit Bürgermeistern geführt, und die Moderatoren kommen sehr oft zurück und sagen, es gelingt uns gar nicht, mit Bürgern zu diskutieren, es sind Gemeindevertreter, es sind Bürgermeister da, die Bürger interessiert es eigentlich gar nicht. Ich frage mich, wie wir damit umgehen, wir auch den Bürger erreichen und ihnen sagen können, dass es auch für sie wichtig ist. Das müsste auch in ihrem Interesse sein. Dass wir den Bürgern sagen, dass es für sie eine wichtige Frage ist. Und wenn die Bürger sagen, es ist für sie keine wichtige Frage, da gibt es auch andere Antworten drauf. Und ich könnte Ihnen Beispiele nennen in Orten, wo verschiedene Punkte angesprochen wurden, und wo da maximal 20, 25 Personen da waren. Sie haben dazu einen Punkt?
Bei aller Zustimmung will der Bürger aber nicht nur nicht bevormundet werden, er möchte aber auch sicher stellen, dass er so und soviel Geld bekommt und er wenig Steuern bezahlt. Man muss doch auch mal den Zusammenhang sehen. Ja, das tut mir furchtbar leid. Eine Kommunalverwaltungsstruktur, wie wir sie haben, können wir uns auf Dauer nicht leisten. Und das Land, ich hab schon mal gesagt, 50 % der Landeseinnahmen aus dem Landeshaushalt haben wir durch eigene Steuereinnahmen. Alles andere hängt ab von Zuweisungen. Und ich meine, wir müssen wirklich versuchen, da gebe ich Herrn Kuhl Recht, wie wir die investieve Kraft stärken, wie wir mehr Geld bekommen für Investitionen. Und darum müssen wir Personal abbauen, und darum müssen wir auch einen Teil der überregulierten Gesetze abbauen. Wenn Sie sich überlegen, wenn Sie aus dem Spreewald kommen, dass es eine Verordnung gibt in einer Art und Weise, wie die Sperrkähne auszusetzen sind, auszugestalten sind, nachdem sie hundert Jahre immer gebaut wurden, ohne dass es etwas passiert ist. Jetzt gibt es eine EU-Norm. Das sind alles Dinge, an denen wir dran sind, wo wir etwas verändern müssen. Da bin ich mit Ihnen einer Meinung. Aber irgendwann, am Ende dieser gesamten Diskussion, muss es zu einer Entscheidung des Gesetzgebers kommen. Und der Gesetzgeber sind die frei gewählten Abgeordneten des Landtages, und von daher gesehen können sie aus dieser Pflicht nicht entlassen werden. Und wenn der Gesetzgeber sagt, wir machen das nicht, wir geben das Geld dafür aus, dann werden wir darüber politisch diskutieren müssen. Aber die Diskussion müssen wir führen, und von daher gesehen bin ich nach wie vor der Auffassung, wenn es uns gelingt, dass überwiegend freiwillig zu erreichen, haben wir ein wichtiges Zwischenergebnis erreicht. Übertragen von Aufgaben ist hier angesprochen worden. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir den neugebildeten Ämtern und Gemeinden, wenn sie vergleichbare Verwaltungsleistungen haben, Aufgaben übertragen müssen. Aber ich sage Ihnen auch gleich, das wird eine Diskussion geben mit den Landräten, aber noch viel mehr eine Diskussion auch mit den Ministerkollegen. Wenn Sie nur an das Thema Baurecht denken oder wenn Sie nur an das Thema Untere Naturschutzbehörde denken. Und ich glaube, wir werden in diesen Bereichen Aufgaben delegieren müssen. Und wenn wir uns in vielen Punkten nicht einig sind, aber in diesem Punkt einig sind und ich da Unterstützung bekomme, ich werde sie suchen. Und wir haben vor, dass wir am Ende diesen Jahres, also im IV. Quartal dann mit einem Entwurf in den Landtag gehen und die Diskussion, dann kommt die Anhörung, und da möchte ich Sie bitten, wenn ich sagen darf, sich da einzubringen. Um dieses machen zu können, müssen wir aber in etwa vergleichbare Verwaltungen haben. Was nicht geht, ist dass Aufgaben sozusagen auf das Amt A und B delegieren und die Gemeinde C und D und bei anderen nicht. Das ist dann für die Landräte nicht mehr handhabbar. Es muss also überschaubar sein, und ich bin ein Verfechter einer Dezentralisierung der Entscheidung vor Ort und meine, dass dieses grundsätzlich geht, auch wenn wir die leistungsfähige Verwaltung haben. Meine Damen und Herren, das Thema Volksentscheid, positiv, wie geht man damit um. Es ist jetzt schon festgelegt, dass die Volksentscheide vom Innenministerium genehmigt werden müssen. Es gibt z. T. Abwehrzusammenschlüsse, dass sich Gemeinden zusammentun oder zusammentun wollen, um zu verhindern, dass eine andere Lösung kommt, die leitbildgerechter wäre. Und da haben die Landräte eine schwierige Verantwortung. Die Landräte müssen sozusagen bewerten, wie das aus der Sicht eines Landkreises sich darstellt. Wir haben in einem Bereich eine Situation, wo sich eine amtsfreie Gemeinde bilden will mit knapp 5.000 Einwohnern in einem etwas dünnbesiedelten Raum, und wenn die sich bildet, gibt es viele Bereiche, die so in der Luft hängen, wo man nicht weiß, wo sie sozusagen angeschlossen werden sollen. Da muss der Landrat sich mit befassen und dann das Innenministerium, und von daher gesehen, dauert dieses. Aber auch nach der gesetzlichen Grundlage muss dieses vom Innenministerium genehmigt werden, um eine Funktionalität sicher zu stellen und von daher gesehen, gerade in der jetzigen Situation, kann es sein, dass es länger dauert. Frau Kaiser-Nicht, Sie haben gesagt, wir sind erst am Anfang der Diskussion. Ich glaube, die Diskussion ist ja schon lange im Lande geführt worden. Thema Enquete-Kommission und diese ganzen Fragen, und von daher glaube ich, dass wir in der Lage sind, doch jetzt zur Entscheidung zu kommen und zu einer Lösung, die für Brandenburg richtig ist. Ich habe mich mit Kollegen unterhalten, die diese Amtsgemeindereform, Gemeindereform gemacht haben. Ich nehme mal zwei der Kollegen. Der eine ist der Innenminister von Sachsen-Anhalt, der Herr Püschel (SPD), ist zu einem anderen Ergebnis gekommen, also weiterführende Überlegungen, die Gemeinden, die dort gebildet sind, zu den größeren. Und als ich ihm sagte, dass ich sozusagen die Diskussion suchen werde mit ehrenamtlichen Bürgermeistern in diesen Diskussionen. Da hat er gesagt, wenn Sie das machen, da gehen Sie unter. Ich habe gesagt, wenn ich das nicht mache, gehe ich noch mehr unter. Und ich möchte dieses Gespräch ja. Dass das nicht immer einfach ist, ist vollkommen klar. Und mein sächsischer Kollege, in Sachsen gibt es, glaube ich, 3 Gemeinden mit weniger als 1.000 Einwohnern. Alle anderen haben mehr. Die haben auch eine Ortsteilverfassung, wo sie Dinge übernommen haben. Man kann sich das ja mal angucken, man kann sich das in Baden-Württemberg oder in Bayern angucken, wo es zu Lösungen gekommen ist. Also es gibt auch in den neuen Ländern bereits Lösungen, die sehr viel weitergehen als das, was wir vorhaben. Von daher glaube ich, wir haben nicht mehr viel Zeit. Davon bin ich allerdings überzeugt, weil die anderen Mechanismen, vom Länderfinanzausgleich bis sonstwo, irgendwann zuschlagen, und es geht um die Frage, wieviel investive Kraft haben wir für die Zukunftsausgaben. Und Sie kennen doch die Situation in den Schulen. Sie wissen doch, was an unseren Hochschulen los ist oder nicht los ist. Das sind Aufgaben, die das Land machen muss. Und dazu gehört für mich auch unsere Sicherheit. Ich habe gesagt, ich leiste meinen Sparbeitrag mit der Polizei mit den Schwierigkeiten, die ich auch da habe. Das ist ja alles nicht so erquicklich und fröhlich. Was ich in der Verwaltung abbaue mit aller Konsequenz und versuche, vor Ort die Polizei für die Bürger präsent sein zu lassen, darum erhöhen wir die auch um 200 und bauen insgesamt 725 ab durch übergliederte Verwaltungsstrukturen. Ich persönlich bin davon überzeugt, dass wir diesen Weg gehen müssen. Und da hier verschiedentlich Geschichte angesprochen wurde, lassen Sie mich ein Letztes sagen: Preußen ist hier schon erwähnt worden, die "Steinhardenbergschen Reformen". Preußen hat an sich mit seinen Menschen die größten Taten vollbracht, als es ihnen am schlechtesten ging. Nach dem Verlust in den napoleonischen Kriegen ist die Humboldt-Universität gegründet worden, ist die Kolonialreform, die Bauernreform, alle diese Dinge sind danach geschehen. Und uns geht es im Augenblick sehr viel besser als nach den napoleonischen Kriegen. Aber es geht uns nicht ganz einfach. Und ich glaube wirklich, wir müssen diesen Schub zur Modernisierung machen. Das ist der Grund, warum ich noch mal in die Politik gegangen bin im Vorruhestandsalter, denn jetzt mit 63 bin ich schon im Ruhestandsalter, weil ich gesagt habe, ich möchte dazu einen Beitrag leisten. Und ich glaube, wir müssen uns diesen Aufgaben stellen und dieser Diskussion. Und wenn wir das tun, haben wir auch eine Chance, die über den Tag hinaus wird, und darum werbe ich, und wenn wir nicht einer Meinung sind, ist das nicht so schlimm, aber sollten wenigstens versuchen zu erörtern, warum wir unterschiedlicher Meinung sind und was der Kern des Dissens ist. Die Zukunft Brandenburgs ist mit Sicherheit der Kern des Dissens, sondern wie wir die Zukunft besser gestalten können. Und darum müssen wir weiter streiten. Vielen Dank.
Im von der Regierung vorgelegten Entwurf des Gemeindereformgesetzes wird endlich Klartext gesprochen. Sollten ursprünglich in der von Minister Schönbohm angeblich ergebnisoffenen Diskussion über die Gemeindegebietsreform gleichermaßen die Stärkung der Verwaltungskraft, die Mitwirkung der Bürger und die örtliche Identität verfolgt werden, geht es jetzt; ehrlicherweise - vorrangig um die größtmögliche Effizienz der Verwaltung. Dass dabei die Bürgernähe auf der Strecke bleiben wird, beweisen die vorgeschlagene Ausgestaltung der Ortsteilverfassung, bei der es das versprochene Vetorecht nicht mehr gibt und die Nichtbeachtung der Empfehlungen der Enquetekommission. Im Gegenteil mit der Vorgabe einer Mindesteinwohnerzahl von 500 werden 861 Gemeinden ihre Existenzberechtigung abgesprochen und damit auch flächendeckende Gemeindezusammenschlüsse durch Zwangsgesetze provoziert. Dabei dürfen zwei Begründungen im Regierungsgesetzentwurf nicht unwidersprochen bleiben. Zum einen sollen Defizite bürgerschaftlicher Mitwirkung herhalten, weil in elf von rund 1.500 Gemeinden 1998 keine Gemeindevertretung gewählt werden konnten. Elf von 1.500! Zum anderen wird kritisiert, dass nach der Einführung der Ämter weiterhin eine große Zahl kleiner Gemeinden existieren. Nur die Amtsordnung hatte nicht zum Ziel, kleine Gemeinden überflüssig zu machen, sondern bei deren Erhalt ihre Verwaltungskraft zu stärken. Wer jetzt dies rügt, gibt zu erkennen, dass ihn das Amt nie mehr sein sollte als die Durchlaufphase hin zur Einheitsgemeinde. Das erklärt auch, weshalb die Leitlinien der Regierung so eindeutig die Einheitsgemeinde (amtsfreie Gemeinde) präferieren, obwohl Amt und amtsfreie Gemeinde gleichberechtigte Verwaltungseinheiten sein sollen. Von Gleichberechtigung keine Spur. Am wenigsten akzeptiert werden kann allerdings, welche Rolle dem Landtag von Schönbohm zugewiesen werden soll. Danach ist der Landtag nur noch zuständig für die Verabschiedung von Anpassungs- und Begleitgesetzen wie dem Gemeindereformgesetz, um rechtliche Hemmnisse für die Umsetzung der Leitlinien; die kein Gesetz sind zu beseitigen bzw. soll nach 2002 erst wieder der Zwang Sache des Gesetzgebers sein. Aber die Definition und Konkretisierung des Gemeinwohls, das zu Änderung oder Auflösung einer Gemeinde führen kann, obliegt allein dem Landtag als Gesetzgeber und nicht der Regierung. Deshalb hat die PDS-Landtagsfraktion einen Gesetzentwurf über die Grundsätze der Gemeindegebietsreform in den Landtag eingebracht. Dadurch soll der Landtag sich selbst binden, indem das Parlament ein Leitbild und die Leitlinien der Gemeindegebietsreform beschließt. Gleichzeitig soll auf Zwangsgesetze bis 2004 verzichtet werden und neben dem Amt und amtsfreien Gemeinde die zweistufige Gemeinde (Amtsgemeinde) im Kommunalrecht geregelt werden. Im Mittelpunkt des PDS-Gesetzentwurfes steht die Frage, wie das Prinzip der Freiwilligkeit gewahrt und ausgestaltet werden kann. Der Verzicht auf Zwangsgesetze bis 2004 wird deshalb notwendig, weil die jetzige Zeitschiene für die Freiwilligkeit bis zum 31. März 2002 nicht realisierbar ist. Von den rund 14 Monaten sind sieben Monate für ein formalisiertes Beteiligungs- und Genehmigungsverfahren des Kreises und des Innenministeriums abzuziehen. Somit müssen Gebietsänderungsverträge, Gemeindevertreterbeschlüsse und Bürgerentscheide bis zum 31. August 2001 in Sack und Tüten sein. Und das, obwohl die rechtlich klaren Regelungen z.B. für Gebietsänderungsverträge; so Schönbohm; erst mit dem Gemeindereformgesetz geschaffen werden. Nur beide Gesetzentwürfe sind erst in der Beratung im Landtag. Dieser geschaffene Zeitdruck wird immer weniger erklärlich. Bleibt festzuhalten: Nicht die Kritiker des Verfahrens dieser Gemeindegebietsreform von oben; sind die Verhindere, sondern Schönbohm und Koalition selbst, denn sie verhindern, dass eine von unten gewollte und akzeptierte Reform zustande kommt. Danke.
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